: Michael Connelly
: Glutnacht Ein Fall für Renée Ballard und Harry Bosch
: Kampa Verlag
: 9783311703488
: Ein Fall für Harry Bosch
: 1
: CHF 15.20
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 464
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Seit vier Jahren ist Harry Bosch im Ruhestand. Nun muss der ehemalige Detective des LAPD seinen einstigen Mentor John Jack Thompson zu Grabe tragen. Von ihm hat Bosch zu Beginn seiner Karriere gelernt, dass jedes Leben zählt, dass es keine Toten erster und zweiter Klasse gibt. Ein Credo, das Bosch immer beherzigt hat. Thompsons Witwe übergibt Bosch eine Akte, die ihr Mann offensichtlich entwendet und zwanzig Jahre unter Verschluss gehalten hat: Sie dokumentiert die Ermittlungen im Mordfall eines schwulen Junkies, der als Polizeispitzel tätig war. Warum hat Thompson die Akte an sich genommen, als er das LAPD verließ? Da Bosch offiziell nicht mehr selbst ermitteln darf, bittet er Detective Renée Ballard um Hilfe. Gemeinsam machen sich der pensionierte Cop und die junge ehrgeizige Polizistin an die Arbeit, und zum ersten Mal kommen Bosch Zweifel an der Integrität seines verstorbenen Mentors: Hat Thompson die Akte gestohlen, um im Ruhestand an dem Fall weiterzuarbeiten? Oder im Gegenteil: Wollte er, dass der Mord niemals aufgeklärt wird?

Michael Connelly ist mit über 89 Millionen verkauften Büchern in 45 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Rene?e Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller. Connelly lebt in Kalifornien und in Florida.

BALLARD


3


Ungerührt betrachtete Ballard, was von den Überresten noch zu sehen war. Aus dieser Nähe war der Geruch von Petroleum und verbranntem Fleisch kaum auszuhalten, aber das schreckte sie nicht ab. Bis zum Eintreffen der Brandermittler war sie für den Tatort verantwortlich. Die Nylonplane des Zelts war von der Hitze geschmolzen und dann auf das Opfer gefallen. An den Stellen, wo sich die Flammen nicht ganz durchgefressen hatten, umhüllte die Plane die Leiche. Der Tote wirkte vollkommen ruhig und gelöst, und Ballard fragte sich, wie er unter diesen Umständen hatte weiterschlafen können. Aber sie wusste, dass bei der Obduktion der Alkohol- und Drogengehalt in seinem Blut bestimmt würde. Vielleicht hatte er nicht das Geringste gespürt.

Obwohl sie wusste, dass nicht sie für die weiteren Ermittlungen zuständig sein würde, holte sie ihr Handy heraus und machte Fotos von der Leiche und vom Tatort, einschließlich mehrerer Nahaufnahmen des umgekippten Campingheizstrahlers, des mutmaßlichen Brandauslösers. Dann öffnete sie die Wetter-App ihres Handys und stellte fest, dass für Hollywood11 Grad Celsius als aktuelle Außentemperatur angegeben waren. Das würde sie in ihrem Bericht vermerken und an die Brandermittler des Fire Department weiterleiten.

Sie machte einen Schritt zurück und blickte sich um. Es war3:15 Uhr morgens, und die Cole Avenue war wie ausgestorben, sah man von den Obdachlosen ab, die aus den Zelten und Pappkartonhütten gekommen waren, die den Gehsteig entlang dem Hollywood Recreation Center säumten. Mit großen Augen verfolgten sie die Ermittlungen, die über den Tod eines der Ihren angestellt wurden.

»Wieso ist das bei uns gelandet?«, fragte Ballard.

Stan Dvorek, der Sergeant der Streifenpolizei, der sie angefordert hatte, kam zu ihr. Er war schon länger bei der Late Show, der Nachtschicht, als sonst jemand in der Hollywood Division – über zehn Jahre. Andere in der Schicht nannten ihn deshalb »The Relic«, das Relikt, allerdings nie in seinem Beisein.

»DasFD hat uns angerufen«, sagte er. »Sie hatten es von ihrer Notrufzentrale. Ein Autofahrer hat das Feuer gesehen und bei ihnen gemeldet.«

»Haben sie den Namen des Anrufers?«, fragte Ballard.

»Hat er nicht angegeben. Er hat es nur gemeldet und ist einfach weitergefahren.«

»Na, super.«

Zwei Feuerwehrautos waren noch da. Sie waren aus der nur drei Straßen entfernten Station27 angerückt, um das brennende Zelt zu löschen. Die Löschteams warteten darauf, zu dem Vorfall befragt zu werden.

»Die Feuerwehrleute übernehme ich«, sagte Ballard. »Kannst du mit deinen Leuten vielleicht mit einigen der anderen Leute hier reden, fragen, ob jemand was gesehen hat?«

»Ist das nicht Sache der Brandermittler?«, fragte Dvorek. »Wenn wir jemanden finden, der was Brauchbares beizusteuern hat, müssen die doch nur noch mal mit ihm reden.«

»Wir waren als Erste am Tatort, Devo. Wir müssen es korrekt durchziehen.«

Ballard ging einfach weg und beendete damit die Debatte. Dvorek war zwar der Leiter der Streife, aber für den Tatort war sie verantwortlich. Solange nicht feststand, dass es sich bei dem tödlichen Brand um einen Unfall handelte, war die Brandstelle für sie ein Tatort.

Sie ging zu den wartenden Feuerwehrmännern und fragte, welches der beiden Teams zuerst eingetroffen war. Dann fragte sie die sechsköpfige Besatzung des ersten Feuerwehrautos, was sie gesehen hatten. Sie hatten wenig brauchbare Informationen für sie. Das Feuer, das das Zelt zerstört hatte, war bei ihrer Ankunft schon fast von selbst ausgegangen. Niemand hatte in der Umgebung des brennenden Zelts oder im angrenzenden Park jemanden gesehen. Keine Zeugen, keine Verdächtigen. Um die letzten Flammen zu löschen, hatte ein Feuerlöscher aus dem Einsa