Das mit Aussehen und Körper bei uns Typen um die 50 ist schon so eine Sache. Komplimente bekommt man im Grunde nur noch aus Mitleid oder man wird verarscht, oder jemand will Geld.
Aber ich habe beschlossen, mich trotzdem besser zu fühlen, wenn jemand sagt, ich sähe jünger aus. Ein wenig schwieriger wird dieses Kompliment, wenn es um eine feine Nuance verändert wird: „Oh,Sie sehen aber jünger aus!“ Das SIE macht einfach alles zunichte, zumal ich mich ja auf Augenhöhe mit der Jugend wähne und selbstverständlich auf das DU bestehe. Hier klaffen meine Selbstwahrnehmung und die Realität ein wenig auseinander, für eine jüngere Generation ist alles jenseits der 28 schon verrentet, während ich mich fühle, als hätte ich bis dahin noch 30 Jahre Zeit.
Zeit für eine ehrliche Bestandsanalyse: Ich halte mich selbstverständlich noch für topfit und auf dem Niveau eines 30-jährigen, allerdings eines 30-jährigen von vor 30 Jahren, denn heutzutage hat man das Gefühl, jeder 30-jährige ist täglich in der Muckibude und anschließend beim Tätowierer, um sich die nächsten fünf Zentimeter Armumfang mit Liebesparolen verschönern zu lassen. Ja, der heute 30-Jährige ist anders als der 30-Jährige von früher. Ich, wie gesagt, gehöre mehr so der mittelfitten Version ohne Muckibude an. Wenn ich allerdings im leichten Dämmerlicht und ein wenig von oben betrachtet vorm Spiegel meine Muskeln anspanne, dann empfinde ich das schon als gewaltig, geradezu beeindruckend! Zumindest ist da ein Potenzial, das in einem Fitnessstudio ganz sicher zu neuem Leben erweckt werden könnte. Oder sagen wir mal so: insgesamt sieht man meinem Körper an, dass er mal einigermaßen in Shape gewesen ist, bilde ich mir ein.
Eine besonders schöne Situation dazu habe ich vor kurzer Zeit auf Mallorca erlebt.
Ich erfüllte mir da einen eigenwilligen Traum, indem ich mir ein Muscle-Shirt kaufte. Das sind diese Shirts, die etwas weiter geschnitten sein können, aber vor allem eben obenrum nur aus den schmalen Schulterträgern bestehen und die Gesamtumhüllung des Körpers mit Stoff dann erst knapp unterhalb der Brustwarzen beginnt. Ein wenig proletenhaft, so ein Shirt, aber irgendwie wollte ich das immer schon mal ausprobieren. Was soll ich sagen? Es ist sensationell: Man bekommt Schulterbräune und fühlt sich frei, obwohl man angezogen ist. Schatzi fand das Shirt zwar unmöglich, aber ich hatte mir vorgenommen, mich da mal durchzusetzen. Beim Autofahren mit offenem Fenster umweht der Fahrtwind meinen Oberkörper, alles fühlt sich leicht und frei an. Wir parken den Wagen und gehen zum Strand. Es ist ein lebendiges Halbnacktgefühl, es ist Robinson Crusoe für VW-Fahrer, es ist … Ich übertreibe, es ist einfach anders, locker und angenehm. Später besuchen wir noch eine Strandbar und auch hier komme ich mir echt cool vor. Zwar bilde ich mir ein, die Leute würden ein wenig missbilligend gucken, aber das ist mir egal, schließlich bin ich angezogen. Das letztendliche Urteil zu dem Thema fällt dann Joanna: So ein Muscle-Shirt wäre ja vielleicht ganz praktisch und könnte auch sexy aussehen. Aber sie hätte noch nie jemanden in einem Muscle-Shirt ohne Muskeln gesehen.
Hätten wir das auch geklärt …
Übrigens hat mir Schatzi neulich Fotos von mir geschickt, wo man sehr deutlich meine Augenpartie in Augenschein nehmen kann. Sie hätte gerne, dass ich mir meine Augen operieren lasse. Genauer gesagt, die Lider. Etwas exakter formuliert, die Schlupflider. Also ich persönlich finde ja, das leicht überhängende Oberlid gibt mir eine Art verwegenen Schlafzimmerblick, andere wiederum meinen, es mache mich lediglich