Zu meinen Aufgaben bei Sawars Hennes gehörte es auch, Einkäufe und Besorgungen zu machen und abends, wenn wir das Autohaus schlossen, die vorhandenen Essex in die Halle zu fahren und so zu platzieren, dass sie von Innen direkt vor dem Schaufenster standen, was besonders an Sonn- und Feiertagen wichtig war, denn dann konnten sich mögliche Käufer die Wagen im besten Licht betrachten.
Das machte ich jeden Abend so bis ein neuer Mitarbeiter eingestellt wurde, er war ausgebildeter Schmied und hatte lange in einer Autowerkstatt gearbeitet.
Aus der Werkstatt hörte ich, wie er mit dem Chef redete.
„Also Herr Sawar, das geht ja wohl gar nicht, dass der Junge die Wagen in die Ausstellung fährt, bis direkt an die Scheibe!“
„So, sie meinen, dass das nicht geht? Gut, wenn sie meinen, dann machen sie das ab heute... Er fährt die Wagen seit einem Jahr und es hat noch keinen einzigen Kratzer gegeben!“
Da war ja wohl ich gemeint, na gut.
Am Abend zog mich Herr Sawar in sein Büro und bedeutete mir mit dem Zeigefinger auf dem Mund, ich solle ruhig sein.
Wir hörten zusammen zu wie der neue Meister den ersten Wagen in den Ausstellungsraum fuhr.
Das Motorengeräusch wurde vom Zerbrechen der großen Schaufensterscheibe übertönt...
Herr Sawar hielt mich zurück und wir verdrückten uns in den Werkraum, der direkt an die Werkstatt grenzte, die der Meister meines Wissens noch nie betreten hatte.
Eine halbe Stunde später hörte ich.
„Und noch eines, ab morgen wird der Junge wieder die Wagen rein fahren! Ist das klar?“
Über diesen Vorfall wurde nie mehr geredet.
Der kleine Raum neben der Werkstatt war mein Reich, weder Herrn Sawar, noch einen anderen der Beschäftigten hatte ich bis auf sehr wenige Ausnahmen da gesehen.
Auf einer Werkbank war ein kleiner Amboss fest geschraubt und direkt daneben ein Schraubstock.
Ich war 'mal wieder mit der Längeneinstellung einer der Messingfedern aus dem Essex-Vergaser befasst. Dazu spannte ich die Längenlehre in den Schraubstock ein, um diese wichtige Einstellung passgenau zu erledigen.
Ich war konzentriert und wollte wie immer eine absolut genaue Federlänge einstellen, als ich von nebenan Geräusche hörte, wie ich sie nicht kannte, zumindest nicht an diesem Ort.
Die Werkstatt stieß an ein Haus in der Parallelstraße, in dem alles für den Haushalt und noch mehr verkauft wurde – zumindest wurde das in der Stadt immer so erzählt.
Die Wand zwischen der Werkstatt und einem Lagerraum im besagten Geschäft bestand aus einfachen Brettern. In den einfachen Brettern hatte ich ein Astloch gefunden, durch das man bequem in den Lagerraum blicken konnte.
Seit einer Woche hatte eine ehemalige Mitschülerin aus meiner Schule eine Ausbildung zur Verkäuferin begonnen und ich hoffte immer, sie einmal durch das Astloch sehen zu können.
Sehr selten hatte ich Anna gesehen, denn in dem Lagerraum brannte immer Licht. In der Werkstatt nur dann, wenn es unbedingt nötig war. Das Astloch hatte ich auch nur darum gefunden, weil der Lichtschein in der dunklen Wand auffiel, als ich den Werkraum betrat.
Der Besitzer des Geschäfts benutze den Lagerraum auch oft für einen kurzen Mittagsschlaf und das schien jetzt auch wieder die richtige Zeit dafür zu sein.
Nur die hellen Geräusche passten nicht dazu.
Ich blickte durch das Loch in der Wand.
Der Mann hatte der Anna unter den Rock gegriffen und die Geräusche stammten von ihr.
„Wenn einer kommt...“
Konnte ich verstehen.
„Es kann keiner kommen, ich hab' ab