1. KAPITEL
„Himmel, der Mann sieht fantastisch aus!“
Kate Franklyn sah ihre zierliche blonde Freundin an. „Dee, fängst du schon wieder damit an?“, fragte sie mit gespielter Empörung.
„Diesmal lohnt es sich, wirklich! Dieser Mann hat volle zehn Punkte verdient!“
Kate war amüsiert. Überall, wo die Freundinnen hinkamen, sah Deanna Angstrom sich nach gut aussehenden Männern um, sehr zu Kates Leidwesen.
Heute allerdings konnte Kate ihr nicht verübeln, dass sie ihrem Lieblingshobby frönte. Sie standen in der überfüllten Ecke eines Theaterfoyers und warteten darauf, dass die Abendkasse öffnete, um ihre Karten in Empfang zu nehmen. Die Szenenfotos an der Wand hatten sie sich bereits angesehen. Über das Wetter und die üblichen Alltagsprobleme bei der Tageszeitung, für die sie beide arbeiteten, hatten sie auch schon gesprochen. Bis zu Beginn des Stückes gab es nichts weiter zu tun.
Normalerweise interessierte Kate sich nicht für Dees Entdeckungen. Andererseits geschah es selten, dass Dee einem Mann zehn Punkte zubilligte. Deshalb wurde Kate neugierig. Ehe sie jedoch nach dem sagenhaften Exemplar des anderen Geschlechts Ausschau halten konnte, hielt Dee sie zurück. „Nein, dreh dich jetzt nicht um. Er sieht gerade hierher.“
Kate widerstand der Versuchung, einen Blick zu riskieren. „Wer ist es denn?“, fragte sie und glaubte, Dee hätte einen Filmstar im Visier. „Da du so begeistert bist, muss es sich mindestens um Tom Selleck oder Mel Gibson handeln“, sagte sie, auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, was einer der beiden in diesem kleinen Theater in Los Angeles zu tun haben sollte.
„Viel besser.“
„Wer könnte Tom oder Mel noch übertreffen?“
„Wie wäre es mit einer Mischung von beiden?“
„Unmöglich.“ Kate schüttelte den Kopf. „Einen solchen Mann gibt es nicht.“
„O doch, und ich sehe ihn aus meinen Augenwinkeln.“
Ungeduldig drängte Kate. „Na, wer ist es denn? Ein Filmstar? Oder jemand vom Fernsehen?“
Dee verneinte. „Niemand Berühmtes – jedenfalls noch nicht. Er ist aber bestimmt Schauspieler.“
„Deanna, du meinst, jeder Mann, dem du begegnest, müsste Schauspieler sein“, tadelte Kate sie. Ihre Neugier hatte schon nachgelassen.
Im Gegensatz zu Deanna, die ihre Beobachtungen zu einer Vollzeitbeschäftigung ausgeweitet hatte, lebte Kate zurückgezogen, seit ihre feste Beziehung vor kurzem in die Brüche gegangen war. Vier Jahre war sie mit Superstar Dan McBride zusammen gewesen, und noch heute tat es ihr weh, wie diese Liebe herabgesetzt worden war. Von einem neuen Verhältnis wollte sie nichts wissen.
„Aber er sollte ein Star sein“, behauptete Deanna. „Sieh ihn dir nur an!“
„Wie denn? Du lässt mich ja nicht“, sagte Kate und lachte. „Ehrlich, Dee, du bist unverbesserlich. Wann hörst du mit deiner Männersuche auf?“
„Nicht eher, bis ich einen guten erwische. Jedenfalls, der da passt nicht zu mir. Er ist zu groß.“
„Für alle Frauen, die größer sind als ein Meter fünfundsiebzig, muss ich dich daran erinnern, dass kein Mann jemals zu groß ist.“
Dee beneidete die Freundin um ihre Größe. „Ich meinte, zu groß für mich, aber genau richtig für dich.“
„Du vergisst, ich bin zurzeit nicht zu haben. Ich soll mir das Stück ansehen, nicht nach einem Mann Ausschau halten, und selbst wenn ich das wollte, würde ich das nicht in einem Kellertheater tun.“
„Wie snobistisch!“
„Das nicht …“, korrigierte Kate sie belustigt, „bloß nicht interessiert.“
„Du solltest aber interessiert sein.“ Vergnügt gab Dee ihr eine verlockende Beschreibung. „Er hat schwarzes Haar, lustige Grübchen, wenn er lacht. Ausdrucksvolle Augen, die sicher blau sind, breite Schultern …“
„Was für ein Rasierwasser benutzt er?“
„Sei nicht albern, Kate. Du machst einen Luftsprung, wenn du ihn siehst.“
„Ja, schon gut.“ Kate seufzte resigniert und schaute auf die Uhr. Noch mehr als fünf Minuten. „Ist die Luft jetzt rein? Wann darf ich ihn endlich sehen?“
„Moment …“ Dee wartete, bis ihre Entdeckung sich abwandte, dann gab sie Kate rasch ein Zeichen. „Jetzt. Auf der anderen Seite in der gegenüberliegenden Ecke.“
Gleichmütig schaute Kate sich im Raum um. Es war nicht schwer, den Mann zu finden, den Deanna so bewundert hatte. Ihn als gut aussehend zu bezeichnen war eine Untertreibung. Selbst fantastisch traf es nicht ganz. Der Mann sah einfach besser aus, als man es mit Worten beschrei