Kapitel 1
ENGLAND, 1897
Während sich die Droschke rumpelnd die Anhöhe hinaufkämpft, starre ich gedankenverloren aus dem offenen Fenster. Noch verdecken Brombeerhecken das Herrenhaus von Thornhill Hall. Ich drücke meine Reisetasche an mich, als wäre sie ein Rettungsring und ich ein Ertrinkender. Mit jedem Meter, den wir zurücklegen, steigt meine Nervosität. Zum ersten Mal seit neun Jahren werde ich meiner Mutter gegenüberstehen. Ginge es nach mir, würde ich auf dieses Wiedersehen liebend gern verzichten. Schließlich war sie es, diemich verlassen hat.
Die Kutsche macht einen Sprung, und ich werde von der Sitzbank gehoben, sodass mir die Tasche vom Schoß rutscht. Ich stoße einen überraschten Schrei aus.
»Alles in Ordnung dahinten?«, ruft mir der Kutscher zu, ohne sich umzudrehen.
Blut schießt mir in den Kopf. Eigentlich bin ich nicht sonderlich schreckhaft. »Danke, ja. Das kam nur unerwartet.«
»Schlagloch. Gibts einige hier draußen. Werden Sie merken, wenn Sie ’ne Weile hier sind.«
Wie wunderbar, noch etwas, worauf ich mich freuen kann.
»Is’ anders hier als in London.«
»Ich bin nicht aus London.«
»Was?«
»Ich bin nicht … ach, schon gut!«
Mein Kutscher scheint ein anständiger Kerl zu sein. Mit einem gewinnenden Lächeln und einem Pappschild mit m