Am 12. Mai 1973 wurde Monika Ertl in La Paz im Verlauf eines Feuergefechts von Sicherheitskräften auf der Straße erschossen. Monika war zum Zeitpunkt ihres Todes fünfunddreißig Jahre alt und Mitglied der bolivianischen Guerilla Ejército de Liberación Nacional (ELN, deutsch: Nationale Befreiungsarmee). Obwohl es nie ein Gerichtsverfahren gab, ist man sich ziemlich sicher, dass sie 1971 in Hamburg den bolivianischen Konsularbeamten Roberto Quintanilla Pereira erschossen hat. Die Urne mit der Asche des getöteten Amtsträgers, der sechs Jahre zuvor in Bolivien als Polizeioberst im bolivianischen Innenministerium für den Befehl, Ernesto »Che« Guevara nach seinem Tod die Hände zu amputieren, verantwortlich gewesen war, wurde nach La Paz überführt. Monika Ertl, die Attentäterin, hatte in Hamburg einen Zettel mit der Losung der ELN zurückgelassen:Victoria o muerte!
Monika Ertls Vater, Hans Ertl, überlebte seine Tochter um sechsundzwanzig Jahre. Er starb 2000 in der Chiquitanía, im östlichen Tiefland Boliviens. Er hatte als Kameramann für Leni Riefenstahl gearbeitet und war Generalfeldmarschall Rommels bevorzugter Frontfotograf gewesen. Der begnadete Bergsteiger und Abenteurer hatte sich in den 1960er-Jahren in den abgelegenen Regenwald zurückgezogen, um dort eine Hazienda mit Rinderzucht zu betreiben. Auch in der Abgelegenheit war er Teil der deutschen Kolonie in Bolivien, zu der einige treue Nationalsozialisten gehörten. Der prominenteste war ein Mann, den die Leute »Don Klaus« nannten, der international aber unter seinem richtigen Namen Klaus Barbie bekannt war. Dessen zweite Karriere im Zwischenraum von Diktatur, Paramilitarismus und Drogenhandel war Anfang der 1970er-Jahre gut in Schwung. Bis in die Achtzigerjahre arbeitete er rechten bolivianischen Diktatoren und Putschisten als Spezialist beim Kampf gegen »kommunistische Aufständische« zu. Als Geheimdienstberater des bolivianischen Diktators Hugo Banzer war Klaus Barbie, der sich in Bolivien Altmann nannte, wesentlich an Monika Ertls Exekution in La Paz beteiligt. Der Sohn des wegen NS-Kriegsverbrechen Gesuchten, Klaus Georg, übernahm wiederum die Ehrenwache bei Roberto