: Giovanni Boccaccio
: mehrbuch Verlag
: Fiammetta
: neobooks Self-Publishing
: 9783754185599
: 1
: CHF 2.50
:
: Erzählende Literatur
: German
: 272
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Als Giovanni 13 Jahre alt war, kam er in die Lehre zu einem Geldwechsler, aber nach sechsjähriger kaufmännischer Tätigkeit erlangte er die Erlaubnis, in Neapel, in dem er sich eben befand, zum Studium überzugehen, und zwar zum Studium des kanonischen Rechtes. Doch in der üppigen Stadt scheint sich der Jüngling mehr in das Studium der Liebe und der ihn umgebenden menschlichen Leidenschaften vertieft, als kühle Weisheit gekostet zu haben, und als er Ostern 1334 in einer Kirche Neapels eine Frau sah, die sein Herz sofort in Flammen versetzte, war es mit dem Studium erst recht vorbei. Als Fiammetta hat Boccaccio diese Frau poetisch verherrlicht; in der Tat war sie eine natürliche Tochter König Roberts von Neapel, Donna Maria, die Gattin eines vornehmen Edelmannes. Sie fand eine Zeitlang an dem jungen Florentiner Gefallen und ward seine Geliebte.

Giovanni Boccaccio war ein italienischer Schriftsteller, Demokrat, Dichter und bedeutender Vertreter des Renaissance-Humanismus.

Zweites Buch


Fiammetta schreibt von dem Scheiden ihres Geliebten, seiner Abreise und ihrem aus dieser Trennung erfolgten Schmerz.

Ach!ihr geliebten, zartfühlenden Frauen! Während sich, wie ich euch vorhin sagte, in so leichtem, herzlich frohem Leben meine Tage aneinanderreihten, kein Gedanke an die Zukunft mich beunruhigte, schlich das feindliche Geschick mir mit leisen, sichern Tritten nach, bereitete mir sein tödliches Gift und stand, nicht erkannt von mir, voll unversöhnlichen Hasses schon dicht hinter mir. Es genügte ihm nicht, mich aus einer freien Herrin meiner selbst in eine Sklavin der Liebe verwandelt zu haben: kaum sah es, daß eine solche Knechtschaft mir entzückende Freude war, so sann es darauf, auf eine empfindlichere Art meine Seele zu verwunden. Und sobald der erwählte Augenblick erschienen war, bereitete es mir, wie ihr gleich hören werdet, seinen Wermutstrank. Ach! wider meinen Willen mußte ich davon trinken, und schnell war meine Lust in Trauern, das süße Lachen in bittre Tränen verwandelt.

Wenn ich mir diese Leiden zurückrufe, ja wenn ich nur denke, ein anderer hätte sie geschildert, so ergreift mich ein unendlich Mitleid mit mir selbst, alle Kräfte verlassen mich, unendliche Tränen füllen meine Augen und gestatten mir kaum, meine Absicht auszuführen.

Doch ich will, so schwer es mir auch ankommt, das, was nun einmal begonnen ist, bis ans Ende fortführen.

Es war zu der Zeit des Regens und der trüben Jahreszeit, als er und ich, wie wir immer pflegten, die länger verweilende, verschwiegene Nacht in meiner Kammer zubrachten. Auf dem reichsten Lager ruhten wir nebeneinander. Eine große Fackel, die einen Teil des Zimmers erhellte, gestattete ihm, seine Blicke an meinem Anblick zu erfreuen sowie mir an dem seinigen. Unsere Augen berauschten sich, während wir mit süßem Geschwätz uns unterredeten, in unendlicher Seligkeit; doch gleichsam von ihrem eigenen Licht trunken, weiß ich nicht, wie auf kurze Zeit, von dem trügerischen Schlaf besiegt, das Wort erstarb und die Augen sich schlossen. Und als dieser Schlummer, so süß und leise wie er gekommen war, mir entwich, trafen Klagetöne aus dem Mund des teuren Geliebten mein Ohr, und schon wollte ich, wegen seiner Gesundheit von tausend Sorgen gequält, schnell ihn fragen, was ihm fehle.

Aber ein neuer Rat hieß mich schweigen, und auf der andern Seite des Lagers vorsichtig eingehüllt, hörte ich mit geschärftem Blick und gespanntem Ohr ihm eine Zeitlang zu. Allein meine Ohren konnten kein vernehmliches Wort erlauschen, nur das erkannte ich deutlich, wie ängstliches Wimmern und Schluchzen ihn fast erstickte und Gesicht und Brust in Tränen gebadet waren. Ach! welche Sprache reicht hin, zu sagen, was bei solchem Schauspiel, dessen Ursache ich nicht kannte, in meiner Seele vorging?

Tausend Gedanken durchliefen in einem Augenblick mein Gemüt und endigten alle in einem, diesem nämlich: daß er wider Willen bei mir verweile und für