Die Russen kommen: Das Britische Empire und sein «Großes Spiel» in Afghanistan
Afghanistans Schicksal ist seine Lage, seine Geografie. Mehr als 2500 Jahre diente das heutige Afghanistan als Durchgangsland für Eroberer aus allen Himmelsrichtungen, die es vor allem auf Macht und Beute im jetzigen Indien abgesehen hatten – angefangen mit Alexander dem Großen. In der Neuzeit wurde Afghanistan zum geostrategischen Spielball erst kolonialer, dann imperialer Interessen, zuletzt im Zuge der sowjetischen Besatzung und des «Krieges gegen den Terror» nach 9/11. Geografie ist der Schlüssel zum Verständnis des Landes – wer diesen Zusammenhang übersieht oder ignoriert, wie zuletzt die Militärplaner in Washington, versteht weder die Geschichte noch die Gegenwart der Region, auch nicht den Siegeszug der Taliban.
In Afghanistan geht das Iranische Hochland über in das Faltengebirge des Himalaja – der Hindukusch ist dessen westlicher Ausläufer. Die wenigen Landverbindungen, Flusstäler und Passstraßen sind Nadelöhre, gleichzeitig aber auch die wichtigsten Handelswege (Seidenstraße) und Invasionsrouten. Seit Alexander dem Großen sind alle Imperatoren auf denselben Wegen gekommen und auch wieder gegangen – meist unter großen Verlusten. Vor allem die Gebirgspässe erwiesen sich oft genug als Todesfallen, wobei sich Eiseskälte und Schnee als nicht weniger tödlich erwiesen denn Kampfhandlungen. Bis zum Ende der Kolonialzeit bestimmten drei rivalisierende Machtze