: Ka?ka Bryla
: Die Eistaucher
: Residenz Verlag
: 9783701746705
: 1
: CHF 15.30
:
: Erzählende Literatur
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ka?ka Brylas manischer Realismus zieht uns in seinen Bann. 'Die Eistaucher' ist ein hochaktueller und schmerzhaft intensiver Roman. Iga, die Skaterin, die schöne Jess und der pummelige Ras sind Außenseiter*innen in ihrer Schulklasse, doch gemeinsam bilden sie eine verschworene Gruppe, die unzertrennlichen 'Eistaucher'. Als die Jugendlichen eines Nachts Zeugen eines brutalen polizeilichen Übergriffs werden und diese Schandtat folgenlos bleibt, beschließen sie, das Recht selbst in die Hand zu nehmen. Zwanzig Jahre später taucht ein geheimnisvoller Fremder auf, der von der damaligen Rache zu wissen scheint und das prekäre Gleichgewicht gefährdet... Gekonnt verwebt Ka?ka Bryla eine packende Story über die Ursachen von Radikalisierung mit einem Plädoyer für Solidarität und Liebe. Dieser Roman ist nichts für schwache Nerven und alles für brennende Herzen!

Ka?ka Bryla ist zwischen Wien und Warschau aufgewachsen. Studium der Volkswirtschaft in Wien, Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, wo sie 2015 die Literaturzeitschrift und das Autor*innennetzwerk 'PS-Politisch Schreiben' mitbegru?ndet. Sie lebt und arbeitet am liebsten in kollektiven Zusammenhängen. Sie war Redakteurin des Monatsmagazins an.schläge, erhielt 2013 das STARTStipendium, 2018 den Exil Preis fu?r Prosa. 2021 wurde ihr Theaterstu?ck 'Das verkommene Land' uraufgefu?hrt. 2020 erschien ihr hochgelobter Debu?troman 'Roter Affe', 2022 der Roman 'Die Eistaucher'.

9Der Campingplatz


Ich kehre draußen das erste Laub zusammen, als ich ihn von Weitem kommen sehe. Von der Seite blendet die Sonne und ich halte inne. Die Campingsaison ist eigentlich zu Ende. Dass er so spät eintrifft, ist das einzig Auffällige. Trotzdem kommt mit ihm eine Unruhe. Das habe ich mit der Zeit gelernt: das Gefühl zuerst im Körper zu orten, es zu benennen und schließlich nach seinem Ursprung zu suchen. Inzwischen passiert es automatisch. Es sind seitdem immerhin zwanzig Jahre vergangen. Obgleich ich mich im September am häufigsten erinnere.

Manchmal denke ich dann, dass ich mir das alles nur einbilde. Dass nichts davon wirklich geschehen ist und Franziska Fellbaum irgendwo glücklich mit dem Peter lebt. Und der Jakob schon groß ist. Nicht wie unser Jakob, der noch ein Kind ist.

Endet ein Tag mit diesem Gedanken, schlafe ich in der Nacht ruhig und ganz ohne Albträume. In den Nächten, die auf die anderen Tage folgen, schlafe ich kaum, ziehe stattdessen Igas Longboard unter dem Bett hervor und fahre damit in die Vergangenheit. So muss man sich das vorstellen.

Mit einem kleinen Wörterbuch steht er vor mir und stammelt: »Nocleg? Nie mam namiot.« Erst jetzt legt er den Rucksack ab. Als wäre es vorher zu riskant gewesen. Was, wenn ich ihn sofort weggeschickt hätte. Martin, sagt er und reicht mir die Hand. Ich sage: Saša, und schüttle sie. Dabei kennen wir einander,