: Henry David Thoreau
: Chesuncook
: Jung und Jung Verlag
: 9783990271858
: 1
: CHF 16.10
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 160
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Im Herbst 1853 unterbricht Henry David Thoreau die Arbeit an dem Manuskript seines wichtigsten Werks, »Walden«, um in die Wälder von Maine zurückzukehren. Schon einmal, sieben Jahre zuvor, hat er sich dorthin aufgemacht, um den »Großen Berg« zu besteigen (dt. »Ktaadn«, 2017), nun gilt sein Interesse den Elchen - und neben diesen majestätischen und scheuen Tieren den Ureinwohnern, ihrer Lebensweise und Sprache, sowie den ausgedehnten Kiefernwäldern, die zunehmend Spuren ökonomischer Vernutzung zeigen. Thoreau hat einen Blick für diese Verheerungen und macht sich keine Illusionen darüber, was sie für Mensch und Natur bedeuten, aber er bewegt sich mit der Achtsamkeit eines Gastes und der Lust eines Entdeckers durch diese Landschaft, als hätte sie vor ihm noch keiner betreten. Die Notizen, die er dabei macht, werden später unter dem Titel »Chesuncook« zu einem Vortrag, dessen Humor und Empfindungsreichtum, dessen Lebendigkeit und Ernst begeistern. Während seinen Begleitern der getötete Elch vom Fell bis zum Geweih zur Trophäe wird, bringt Thoreau als Andenken seiner Reise Schneeschuhe mit.

Schriftsteller und Philosoph, 1817 in Concord, Massachusetts, geboren, wo er 1862 starb. Sein Buch Walden; or, Life in the Woods hat ihn weltweit berühmt gemacht.

Am 13. September 1853 um 5 Uhr nachmittags verließ ich Boston in dem Dampfer nach Bangor, der zunächst zu den Inseln fuhr. Der Abend war warm und still – wahrscheinlich wärmer am Wasser als an Land – und das Meer glatt wie ein kleiner See im Sommer, nur leicht gekräuselt. Die Passagiere gingen an Deck, um wie in einem Salon bis zehn Uhr zu singen. Wir kamen an einem Schiff vorbei, das unweit der Inseln an einem Felsen gekentert war, und einige von uns dachten an das »versunkene Schiff«, welches

»… so tief auf der Seite lag

dass es Wasser aufnahm und sein Kiel

die Luft pflügte«1,

ohne zu bedenken, dass Windstille herrschte und es keine Segel gesetzt hatte. Mittlerweile haben wir die Inseln hinter uns gelassen und befinden uns vor Nahant. Wir sehen alles so, wie es die Entdecker sahen, offensichtlich unverändert. Nun sehen wir die Leuchttürme von Cape Ann und fahren an einer vor Anker liegenden, einem Dörfchen ähnelnden Flotte von Makrelenfischern vorbei, die wahrscheinlich aus Gloucester stammen. Sie grüßen uns mit Rufen von ihren niedrigen Decks; aber ihr »Guten Abend« klingt in meinen Ohren wie: »Rammen Sie mich nicht, Sir.« Von den Wundern der Tiefe steigen wir hinab in noch tieferen Schlaf. Um in der Nacht absurderweise von jemandem geweckt zu werden, der einem die Stiefel putzen möchte! Das ist so unvermeidlich wie die Seekrankheit und mag damit