I. Überblick über die bestehenden EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und -überwachung
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Zur Herleitung und fachlichen Einordnung der neuen EBA-Leitlinie für die Kreditvergabe und -überwachung („EBA Guideline on Loan Origination& Monitoring“, nachfolgend auch „EBA GL LOM“, „EBA Leitlinie“) sei einleitend noch einmal darauf hingewiesen, dass eines der Hauptziele der europäischen Bankenaufsicht die Sicherstellung der Finanzstabilität in Europa darstellt.1 Dies geht einher mit einer Vereinheitlichung und Harmonisierung der regulatorischen Anforderungen, da mit der neuen EBA-Leitlinie, die in diesem Abschnitt behandelt wird, auch direkt zwei weitere Guidelines als wesentlich zu betrachten sind, welche zusammen das Gesamtpaket abbilden:
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Das sind einerseits dieLeitlinien zur internen Governance aus 2017 (EBA/GL/2017/11), die parallel dazu gültig bleiben und im Wesentlichen eine wirksame und umsichtige Unternehmensführung fördern sollen bzw. Vorgaben dazu machen. Daneben sind dies dieLeitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen (EBA/GL/2018/06), die Risikomanagementpraktiken für Kreditinstitute für das Management von notleidenden Risikopositionen
(NPEs), gestundeten Risikopositionen (FBEs) und Rettungserwerben festlegen. Die neue EBA GL LOM (EBA/GL/2020/06) schließt mit Regelungen zu den internen Richtlinien und Vorgaben für die Gewährung und Überwachung von Krediten während ihres gesamten Lebenszyklus nun sozusagen eine Lücke im Kreditbereich im Lichte der Maxime der Harmonisierung der regulatorischen Vorgaben.
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Mit der Veröffentlichung der neuen Leitlinie wird die EBA-Leitlinie zur Kreditwürdigkeitsprüfung aus 2015 (EBA/GL/2015/11) abgelöst.
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Im Jahr 2019 wurde ein Konsultationspapier zur EBA-Leitlinie veröffentlicht, deren Regelungsinhalt sich im Rahmen der Konsultation bis zur am 30.6.2020 final veröffentlichten Leitlinie noch wesentlich änderte.
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Schon das Konsultationspapier zeigte, dass tiefgehende Einschnitte in den Kernbereich einer jeden Bank mit der neuen Regulierung verbunden sein würden. Der sich daraus abzeichnende erhebliche Umsetzungsaufwand wurde als Alarmzeichen erkannt und die Umsetzung in der Praxis auf Bankenseite entsprechend rege und intensiv diskutiert. Im Ergebnis wurden einige Vorgaben der Aufsicht grundsätzlich angepasst.
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WesentlicheKernänderungen gegenüber der Konsultationsfassung werden nachfolgend erläutert:
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Zum einen wurde das Inkrafttreten aufgrund der verspäteten Publikation der finalen Leitlinienfassung auf den 30.6.2021 verschoben und durch die aktuell besonderen Herausforderungen durch COVID-19 im operativen Geschäft wurde den Instituten zudem einedreistufige Umsetzungskaskade eingeräumt bis zum 30.6.2024, auf die an späterer Stelle noch einmal detailliert eingegangen wird.
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Mit der Einführung einer neuen Klasse „Mikro-/Kleinunternehmen“ wird in der finalen Fassung im Rahmen der Kreditvergabe zudem eine Unterscheidung hergestellt zwischen „Mikro- und Kleinunternehmen“ sowie „mittleren und großen Unternehmen“ mit wesentlichenErleichterungen für Kleinunternehmen, insbesondere in Bezug auf die Kreditvergabe und regelmäßige Überwachung.
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Eine wesentliche Rolle spielt dasProportionalitätsprinzip – in Bezug auf die angemessene Auslegung der Vorgaben nach Art, Größe und Inhalt des Risikos in den jeweiligen Instituten. Das Proportionalitätsprinzip wird in der finalen Fassung je Sektion der Leitlinie unterschiedlich stark aufgegriffen. Beispielsweise differenziert die EBA in der finalen Fassung im Bereich Governance- und Risikomanagement zwischen Anforderungen an kleine sowie mittlere und große Unternehmen, während die Bereiche Bonitätsbeurteilung, Sicherheitenbewertung und Kreditrisikoüberwachung nach Art, Umfang und Komplexität der Kreditfazilität (also des Geschäfts) differenziert werden. Somit wurden in der finalen Fassung unterschiedliche Kategorien geschaffen, um das Prinzip an der jeweiligen Stelle zu präzisieren.
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Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zwischen Konsultationsfassung und finalen Leitlinien ist der Wegfall der zwingenden quantitativen Überleitbarkeit zwischen Kreditvergabekriterien und Risikoappetit/-strategie. Es wurde somit klargestellt, dass die im Anhang genannten „Kreditvergabekriterien“, „Informationen und Daten für die Kre