1. KAPITEL
Was könnte schrecklicher sein als eine Hochzeit am Heiligen Abend? Wenn frisch gefallener Schnee das Glitzern von Lichterketten zurückwarf, Weihnachtsschmuck Hallen und Räume erstrahlen ließ und der Duft von Winterrosen in der Luft lag?
Holly Marlowe konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen.
„Sie dürfen die Braut jetzt küssen“, verkündete der Geistliche dem frisch vermählten Paar salbungsvoll.
Ihr brach das Herz, als Oliver – ihr Chef, den Holly schon drei Jahre heimlich liebte – sich strahlend vorbeugte … und die Braut küsste.
Ihre jüngere Schwester Nicole.
Gerührt verfolgten die Hochzeitsgäste in den Kirchenbänken die romantische Szene. Während Holly im viel zu engen Brautjungfernkleid mit Tränen in den Augen zu den Buntglasfenstern des alten New Yorker Kuppelbaus aufblickte und dann den Blick wieder ins Innere des mit weißen Kerzen und roten Rosen geschmückten Kirchenschiffs lenkte.
Endlich löste das frisch vermählte Paar sich aus der zärtlichen Umarmung, Nicole nahm Holly den Brautstrauß aus den tauben Fingern und hielt für alle sichtbar ihre Hand mit dem nagelneuen Ehering hoch.
„Das schönste Weihnachtsfest meines Lebens!“, ließ sie die Hochzeitsgesellschaft glücklich wissen.
Tosender Beifall und gerührtes Gelächter der Kirchengäste folgten. Und obwohl Holly bisher Weihnachten immer gemocht hatte, es nach dem frühen Tod ihrer Eltern stets zu etwas Feierlichem für ihre kleine Schwester gemacht hatte, würde sie es für den Rest ihres Lebens hassen.
Holly fühlte sich elend, doch sie durfte nicht egoistisch denken. Nicole und Oliver waren verliebt. Sie müsste sich für sie freuen.
Tapfer rang sie sich ein Lächeln ab.
„Halleluja!“, toste der Kirchenchor von der Empore, untermalt vom Brausen der Orgel.
Lächelnd traten Braut und Bräutigam den Rückzug aus der Kirche an – und Holly sah sich unerwartet Olivers Trauzeugen gegenüber, seinem Cousin und Boss.
Stavros Minos … ihrem neuen Vorgesetzten.
Mit seiner hünenhaften Gestalt wirkte der mächtige Grieche in der alten Steinkirche eher fehl am Platz. Die Atmosphäre um ihn her schien zu vibrieren, man machte ihm unwillkürlich Platz. Ihm hatte man keine lächerliche Hochzeitskostümierung aufgezwungen. Das hätte niemand gewagt. Fast neidisch betrachtete Holly seinen eleganten Smoking.
In dem Moment traf sie ein Blick aus Stavros Minos’ dunklen Augen, der ihr durch und durch ging.
Amüsiert blickte er zu dem strahlenden Brautpaar, das seinen Weg aus der Kirche unter dem Jubel der Hochzeitsgäste fortsetzte … und lächelte ironisch, fast grausam – als wüsste er, dass ihr das Herz brach.
Hollys Mund wurde trocken. Nein, das war nicht möglich. Niemand konnte wissen, wie sehr sie Oliver geliebt hatte. Der jetzt nicht mehr ihr Chef, sondern der Mann ihrer Schwester war. Sie musste so tun, als wäre nie etwas anderes gewesen.
Doch dawar etwas! Von der unerwiderten Liebe seiner Sekretärin durfte niemand je erfahren – schon gar nicht Oliver. Niemand ahnte etwas … außeroffenbar Stavros Minos.
Doch wen sollte es überraschen, dass der griechische Playboymilliardär Dinge durchschaute, die den meisten entgingen. Mit fast zwanzig hatte er sein Techno-Unternehmen praktisch aus dem Nichts gestampft, das die halbe Welt beherrschte. Unermüdlich berichteten die Medien über seine milliardenschweren Geschäftsabschlüsse, es fehlte nicht an Glamourfotos und pikanten Berichten über seine Eroberungen der schönsten Frauen der Welt.
Während die Töne der Orgel nochmals anschwollen, warf er Holly einen wissenden Blick zu.
Und bot ihr wortlos den Arm.
Widerstrebend nahm sie ihn und versuchte, nicht zu registrieren, wie kraftvoll er sich unter dem schwarzen Smoking anfühlte. Sein Bizeps dürfte praller sein als ihr Schenkel! Unglaublich, dass dieser schwerreiche, mächtige Mann auch noch fabelhaft aussah!
Schon deshalb hatte Holly es vermieden,ihn anzusehen, wenn sie es bei der Arbeit mit seinen Assistenten zu tun hatte.
Tapfer blickte sie geradeaus, während sie dem Brautpaar folgten. Andere Hochzeitsgäste schlossen sich ihnen an.
Vor der alte Kirche auf dem historischen Gelände des Finanzbezirks von New Yorks warteten weitere Hochzeitsgäste, um das frisch vermählte Paar hochleben zu lassen und mit roten und weißen R