: Markus Flexeder
: Feuerbach Kriminalroman
: ars vivendi
: 9783747203057
: 1
: CHF 9.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
1922: In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit und politischer Unsicherheit nach dem Ersten Weltkrieg zieht der junge Leopold Kruger nach München, um Schriftsteller zu werden. Er lebt bei seinem Onkel Carl Feuerbach, einem Kriegsveteranen und Mann voller Geheimnisse. Über den leitenden Ermittler der Kriminalpolizei, Joseph Obermeier, der ein guter Freund Feuerbachs ist, bekommt Leopold Details einer Mordserie mit, die ganz Europa erschüttert: Mehrere Leichen mit Bisswunden werden gefunden und erinnern an den gerade im Kino laufenden Film Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens. Die Jagd auf den Killer beginnt, und niemand scheint der zu sein, der er zu sein vorgibt ... In Tagebüchern offenbart Leopold sein Schicksal.

Markus Flexeder wurde 1973 im niederbayerischen Eichendorf geboren. Seit 1988 lebt er in Landshut. 2014 erschien sein Krimidebüt Blutwinter bei ars vivendi, 2016 folgte Böse sind die anderen. Er war Kolumnist der Landshuter Abendzeitung und Juror des Landshuter Literaturwettbewerbs.

Aufbruch

Brief von Elfriede Kruger an ihren Bruder Carl Feuerbach Berchtesgaden, 11. Oktober 1922

Mein lieber Carl,

wie in unserem Briefwechsel verabredet, wird Leopold am 20. Oktober in München eintreffen. Es bricht mir das Herz, zuzuschauen, wie einer meiner beiden Söhne in die Welt hinausgeht. Doch ist es mir ein bescheidener Trost, dass er nicht irgendwohin ziehen wird, sondern in meine Heimatstadt.

Geliebter Bruder, pass bitte gut auf meinen Buben auf! Was schreibe ich hier? Leopold ist ein stolzer Mann von zweiundzwanzig Jahren. Du wirst staunen!

Man merkt, dass Deine Schwester seine Mutter ist. Bitte vertragt euch! Bisweilen kommt es mir so vor, als besäße er mehr Ähnlichkeit mit seinem Onkel Carl aus München als mit seinem Vater. Im Gegensatz dazu ist Maximilian ein Ebenbild von Ignaz. Ein Umstand, der meine Kinder nicht unterschiedlicher machen könnte.

Der heimische Bauernhof vermag einem Menschen wie Leopold nicht das Mindeste zu bieten. Theater, Literatur, das Gewusel des Lebens, all das sucht er hier vergeblich.

Leopold will Schriftsteller werden. Und was soll ich sagen, ich bin skeptisch. Doch was wäre ich für eine Mutter, wenn ich ihm meine Unterstützung verweigern würde?

Als er mir mit sehnsüchtiger Stimme sein Vorhaben anvertraute, lachte ich nicht, wie es viele andere inmitten von Kühen, Bergen und Wäldern getan hätten. Nein, ich amüsierte mich nicht über solch hochfliegende Pläne meines Kindes! Vielmehr wurde mir ernst und traurig ums Herz. Ich fühlte, dass alles auf ein Lebewohl zulief.

Schwieriger gestaltete es sich, Ignaz von dem Vorhaben unseres Buben zu überzeugen. Denn die Arbeit hier am Hof ist schwer und mühsam. Wenn zwei Hände fehlen, gilt das umso mehr. Trotz alledem wäre es widersinnig, ihn zu halten. Einer, der gehen will, muss gehen! Und wenn mein Sohn es nicht jetzt in Frieden mit sich und der Familie tut, dann früher oder später im Streit.

Leopold passt ohnehin nicht hierher. Wobei es mir immer eine Freude war, sein offenes, freundliches Gesicht zu sehen, das so sehr im Gegensatz zu den Mienen der grimmig dreinschauenden Bauern stand. Wenn er sich in München dem weiblichen Geschlecht nähert, und dies wird geschehen, davon bin ich überzeugt, wird er wohl manches Abenteuer erleben. Doch Carl: Bewahre ihn vor der Hurerei. Fiele er ihr anheim, würde ich Dir das niemals verzeihen!

Lieber Bruder, denke bitte nicht, ich wäre nicht wissbegierig, wie es um Dich bestellt ist. Unser letztes Treffen liegt eine Ewigkeit zurück. Niemand ahnte damals, welch ein Krieg auf die Welt zukommen würde. Schmerzvolle Zeiten liegen hinter uns allen.

Ich hoffe inständig, dass es Dir gut ergangen ist. Trotz unseres fehlenden Kontaktes bleibt meine Verbundenheit nicht nur im Blute, sondern ebenso im Herzen. An unsere Eltern, Gott hab sie selig, und unsere Kindheit in München denke ich sehr oft. Meistens, wenn ich Ignaz im Umgang mit unseren Buben beobachte.

Wundervolle Eltern haben uns großgezogen, uns in die Welt der Kunst, Literatur und des Freidenkens eingeführt. Dass ich heute da bin, wo ich bin, ist Ironie des Schicksals. Doch der Liebe, selbst wenn sie womöglich der Einbildung entspringt, muss man folgen. Ihr ist man wehrlo