Als Susan Taubes’ faszinierender Roman 1995, vor 26 Jahren, erstmals in deutscher Übersetzung in diesem Verlag veröffentlicht wurde, war die Autorin gänzlich unbekannt. Um sie dem deutschsprachigen Publikum nahezubringen, wurde sie damals als erste Frau des jüdischen Religionswissenschaftlers Jacob Taubes vorgestellt. Weitere 26 Jahre zuvor war der Roman in New York unter dem TitelDivorcing herausgekommen. Der Verlag hatte sich für diesen Titel entschieden, entgegen dem von der Autorin favorisierten, der nun für diese Neuausgabe gewählt wurde.Divorcing erschien eine Woche vor dem Freitod der Autorin und zwei Jahre nach Abschluss ihres eigenen Scheidungsverfahrens. Insofern war es naheliegend, den Roman als autobiografisches Zeugnis zu lesen. Dem widerspricht jedoch die in jeder Hinsicht radikale Schreibweise, die alle genreüblichen Konventionen durchbricht und ein intelligentes Spiel mit etablierten Erzählmustern und mit den Rollenreden traditioneller sozialer Rituale treibt. Denn Taubes’ Roman ist aus der Perspektive einer Toten gestaltet, der Erzählerin Sophie Blind: »Es ist eine Tote, die erzählt.« Mit diesem Satz erläutert Sophie im zweiten Kapitel ihrem früheren Geliebten Ivan das Buchprojekt, an dem sie gerade arbeitet, und kommentiert dessen Konzeption mit den Worten: »Jetzt, da ich tot bin, kann ich endlich meine Autobiografie schreiben.« Da der Roman mit dem Erwachen von Sophie Blind nach ihrem tödlichen Unfall einsetzt, sind wir als Leser mit den Erfahrungen, Träumen und Schreckni