: Christian Schuldt
: Ausweitung der Kontingenzzone Beobachtungen der nächsten Gesellschaft
: CEP Europäische Verlagsanstalt
: 9783863935832
: 1
: CHF 9.00
:
: Medien, Kommunikation
: German
: 152
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was hält eine Gesellschaft, die heterogen vernetzt und damit auch zunehmend 'exkludierend' ist, noch zusammen? Was überhaupt stiftet noch gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn die Ideen und Dinge, an die wir uns bislang halten konnten, verschwinden? Die 'nächste Gesellschaft' folgt dem Differenzierungsprinzip der Vernetzung und erzeugt eine neue Dimension der Kontingenz. Dieser Prozess sorgt für Verunsicherung und Verwerfungen. Doch er eröffnet auch eine Fülle neuer Möglichkeitsräume. Je weiter die Ausweitung der Kontingenzzone voranschreitet, umso elementarer wird die Suche nach neuen Weichenstellungen für die Gestaltung gesellschaftlicher Verbundenheit. Christian Schuldt nutzt das Instrumentarium der Systemtheorie, um die gesellschaftlichen Veränderungsdynamiken und Gestaltungspotenziale der vernetzten Gesellschaft auszuleuchten. Das Themenspektrum reicht von Künstlicher Intelligenz und Innovation bis zu Liebe, Kunst und Religion; von Geld und Gemeinwohl bis zu Jugend, Politik und Klimawandel.

Christian Schuldt studierte Soziologie und Literaturwissenschaft und war rund 15 Jahre in leitenden Positionen im digitalen Mediengeschäft tätig. Seit 2014 arbeitet er als Studienleiter, Autor und Referent für das Zukunftsinstitut. In seinen Publikationen beleuchtet der Experte für Systemtheorie den Kultur- und Medienwandel sowie die neuen Gesetzmäßigkeiten der Netzwerkgesellschaft. Bei der Europäischen Verlagsanstalt erschien zuletzt: 'Systemtheorie. Theorie für die vernetzte Gesellschaft' (2017)

Es gibt nette, hilfsbereite Theorien und solche,
die durch das Wahrscheinlichwerden
des Unwahrscheinlichen fasziniert sind.
Die erstgenannte Variante hat die Tradition
für sich, die zweite drängt sich auf, sobald man
explizit fragt, wie soziale Ordnung möglich ist.
(Niklas Luhmann)

Systemtheorie: Soziale Komplexität verstehen


Um die konstruktiven Erkenntnispotenziale des systemtheoretischen Beobachtungsansatzes zu verdeutlichen, ist es wichtig, zunächst einmal ihre theoretischen Grundzüge zu umreißen. Im Folgenden werden deshalb in aller Kürze die wichtigsten systemtheoretischen Prämissen in Bezug auf gesellschaftliche Wandlungsdynamiken zusammengefasst, mit besonderem Augenmerk auf die vernetzte Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.

„Inseln geringerer Komplexität“


Wie ist soziale Ordnung möglich? Wie kann so etwas Unwahrscheinliches wie die Gesellschaft überhaupt entstehen? Die Antwort der Systemtheorie lautet: durch verschiedene Formen von Kommunikation, die sich voneinander abgrenzen und eigene Hoheitsgebiete bilden. Oberster Bezugspunkt systemtheoretischen Denkens ist dabei das Thema Komplexität: Soziale Systeme machen die unbestimmbare Komplexität der Welt „behandelbar“, indem sie eigenmächtig Komplexität reduzieren. Die Vermittlung zwischen der unbestimmten Weltkomplexität und der menschlichen Möglichkeit zur Komplexitätsverarbeitung macht soziale Systeme zu „Inseln geringerer Komplexität“ (Luhmann 1970, 116) im diffus-komplexen Weltmeer.

An der Grenze zwischen System und Umwelt herrscht also immer ein Komplexitätsgefälle: Die Umwelt ist stets komplexer als das System, und das System ist stets „geordneter“ als seine Umwelt. Um aber Komplexität reduzieren zu können, müssen Systeme zunächst selbst über Komplexität verfügen. Erst ein gewi