Mich musste nie jemand davon überzeugen, dass es Geister gibt. Ich bin empfänglich für alles Paranormale – schon seit ich ein Kind war. Natürlich konnte ich das damals noch nicht einordnen. Vorfälle, die ich mir nicht erklären konnte, wie etwa ein unheimliches schwarzes Loch in meiner Kinderzimmerwand oder eine von innen abgeschlossene Badezimmertür im Haus meines Opas, machten mir Angst – wie das bei kleinen Kindern eben so ist. Geister, Dämonen, Hexen – alles fiese Kreaturen, denen man lieber nicht begegnet. Manchmal war es aber auch spannend zu beobachten, wie sich die guten und die bösen Mächte Wege suchten, mir zu begegnen.
Dazu müsst ihr wissen, dass ich grundsätzlich nie der Typ »ängstliches Mädchen« war. Im Gegenteil. Ich war diejenige, die immer Horrorfilme gucken wollte, wenn meine Freundinnen eine Liebeskomödie vorschlugen. Filme wieGhostbusters undScooby-Doo oder die Mystery-FernsehserieX-Factor: Das Unfassbare habe ich nur so verschlungen – das machte mir keine Angst. Ich fand es aufregend und richtig cool. Auch Halloween war mein Fest. Ich liebte es, überall die furchterregenden Minigeister zu sehen. Klar, dass ich selbst dabei nie die Prinzessin war, sondern immer die Hexe oder ein kleiner Vampir.
Das schwarze Loch
Nachts passieren den Menschen die gruseligsten Dinge – das habe ich schon als kleines Kind gelernt.
Mein Kinderzimmer, das ich mir mit meiner älteren Schwester teilte, lag in unserer Dreizimmerwohnung in der Graefestraße in Berlin, am Ende eines langen Flures. Hier bin ich aufgewachsen. Wir hatten zusammen ein ungefähr zwanzig Quadratmeter großes, viereckiges Zimmer. Gleich links, wenn man durch die Tür kam, stand unser gemütliches Hochbett aus hellem Holz. Das liebten wir. Meine Schwester schlief oben. Ich war aber genauso glücklich über meine Höhle unten. Hier konnte ich mich zusammen mit all meinen Kuscheltieren gemütlich an die Wand ankuscheln. Das gab mir Nacht für Nacht ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit beim Einschlafen. Neben dem schönen Bett stand noch ein heller Kleiderschrank, gegenüber gab es einen Schreibtisch, unsere Hamsterkäfige und ein großes Fenster, durch das der Mond hell ins Zimmer schien, wenn wir mal wieder vergessen hatten, die Jalousien herunterzulassen. Weil unsere Mutter der Ansicht war, dass wir Schutzengel brauchten, die über uns wachten, hing direkt über dem Türrahmen eine Porzellanfigur: zwei betende kleine Engelskinder, ein Junge und ein Mädchen im Pyjama.
Ob die in dieser einen Nacht – ich war etwa vier Jahre alt – im Raum waren, um mich zu beschützen? Ich glaube nicht. Es muss zwei, drei Uhr am Morgen gewesen sein. Es war dunkel, bis auf den Mond, der durchs Fenster schien und schattenhafte Umrisse ins Zimmer zeichnete. Ich hatte schon tief und fest geschlafen. Da wurde ich wach. Nicht von einem Geräusch oder etwas Unheimlichem. Einfach so. Meine Schwester über mir schnarchte ganz leise. Ich drückte meine Kuscheltiere fest an mich, wollte mich gerade wieder an die Wand schmiegen – da war sie nicht mehr da! Ich tastete, fühlte. Das konnte doch nicht sein. Ich konnte in die Wand hineinfassen. Dort war nur tiefes Schwarz! Irgendeine Stimme schien mir zuzuflüstern: »Komm her, mein Kind! Komm rein!« Dabei war es – bis auf das gleichmäßige Schnarchen meiner Schwester – totenstill im Raum. Nur mein eigener Atem ging jetzt schneller. Ich schwitzte, mein Schlafanzug klebte an mir wie eine zweite Haut. Panik machte sich in mir breit. Ich wollte schreien, aber mir blieb der Schrei in der Kehle stecken. Ich drehte meinen Kopf weg von dem schwarzen Nichts und sah unsere Hamster leise in ihrem Hamsterrad laufen, erahnte ihre Form eher, als sie wirklich zu sehen. Dann drehte ich meinen Kopf wieder nach links. Immer noch tiefste Dunkelheit – als hätte sich ein dunkler Tunnel neben meinem Bett aufgetan. Und das war definitiv kein Traum! Ich war zu hundert Prozent wach. Irgendwie fand ich es verlockend, ins Schwarze zu gehen, um zu gucken, was mich dort erwartete. So war das bei mir schon als Kind – so unheimlich die Situation auch war, so magisch zog es mich doch an, der Sache auf den Grund zu gehen.
Doch genau in diesem Moment wurde meine Schwester wach. Sie merkte, dass bei mir etwas nicht stimmte, und fragte: »Was machst du da? Warum sch