: Luigi Pirandello
: Feuer ans Stroh Sizilianische Novellen
: Verlag Klaus Wagenbach
: 9783803143211
: 1
: CHF 9.80
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 240
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die schönsten Novellen über Pirandellos Heimat Sizilien und ihre Bewohner. Luigi Pirandello, bekannt durch »Sechs Personen suchen einen Autor«, gehört mit Lampedusa und Sciascia zu den bedeutendsten Erzählern der sizilianischen Literatur. Dieser Band stellt nicht nur die schönsten Geschichten Pirandellos über seine Heimat und ihre Bewohner vor, sondern auch Geschichten, in denen das Leben die Rolle des Komikers spielt.

Luigi Pirandello, geboren 1867 in der Nähe von Girgenti (dem heutigen Agrigento) in Sizilien, gehört zu den bedeutendsten Dramatikern des 20. Jahrhunderts. Nach dem Studium von Jura und Literatur an den Universitäten von Palermo und Rom arbeitete er als Schriftsteller und Journalist. 1934 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Er starb 1936.

Feuer ans Stroh


Da er niemanden mehr hatte, dem er einen Befehl erteilen konnte, hatte Simone Lampo seit einer Weile die Gewohnheit angenommen, sich selber Befehle zu erteilen: So befahl er sich, das Stöckchen in der Hand:

»Simone, daher! Simone, dorthin!«

Seinem Stand zum Trotz erlegte er sich die lästigen Pflichten auf. Bisweilen tat er so, als rebellierte er, um sich dann zum Gehorsam zu zwingen; er stellte also gleichzeitig zwei Gegenspieler auf dem Theater dar und erklärte etwa wütend:

»Nein, das tu ich nicht!«

»Simone, ich prügle dich windelweich. Ich hab’ dir gesagt, fahre den Mist ein! Nein? Päng …!« Damit versetzte er sich selber eine mächtige Ohrfeige und fuhr dann den Mist ein.

An dem Tag, an dem er das Grundstück besichtigte, das einzige, das ihm von allen seinen einstigen Ländereien verblieben war (knapp zwei Hektar Bodenfläche, und die vernachlässigt, da niemand sich darum gekümmert hatte), befahl er sich, die alte Eselin zu satteln, mit der er bei der Rückkehr in das Dorf die bemerkenswertesten Gespräche führte.

Die Eselin stellte bald das eine, bald das andere der abgeschabten Ohren auf und schien ihm geduldig zuzuhören, ungeachtet eines gewissen Ärgernisses, das ihr Herr seit einer Weile ihr zufügte und das sie nicht näher hätte beschreiben können: etwas, das im Gehen unter ihrem Schwanzansatz baumelte.

Es war ein henkelloses Weidekörbchen, das mit zwei Schnüren am Schwanzgurt des Sattels befestigt war und unter dem Schweif des armen Tieres hing, zu dem Zwecke, die Mistkugeln aufzunehmen und schön warm und rauchend aufzubewahren, die das Grautier sonst längs der Straße ausgesät hätte.

Alle Leute lachten beim Anblick dieser alten Eselin mit dem für den Bedarfsfall stets bereiten Körbchen. Jedermann im Ort wußte, wie großzügig Simone Lampo einstmals gelebt und wie gering er das Geld geachtet hatte. Jetzt aber war er bei den Ameisen in die Schule gegangen und hatte bei ihnen diesen Kunstgriff gelernt, um auch nicht das bißchen guten Dung zu verlieren, der dem Boden zugute kommen konnte. Ja, so weit war es mit ihm gekommen!

»Komm, Nina, komm, laß dir diese schöne Dekoration da anlegen! Was sind wir denn noch, Nina? Du nichts und ich niemand. Nur dazu gut, die Leute zum Lachen zu bringen. Aber kümmere dich nicht darum. Es bleiben uns daheim noch ein paar hundert kleine Vögel.Tschio-tschio-tschio-tschio … Sie möchten nicht gegessen werden, aber ich esse sie doch, und der ganze Ort lacht. Es lebe die gute Laune!«

Damit spielte er auf ei