1. KAPITEL
Texas sei der einzige Staat, in dem es noch Platz für Träume gebe. Das hatte man Dr. Jane Dickinson gesagt, als sie sich zu diesem Job verpflichtet hatte. Doch wer immer so etwas behauptet hatte, war offenbar nie in Promise gewesen.
Es war ihr als perfekte Lösung erschienen, ihr Studiendarlehen mit einer dreijährigen Tätigkeit als Ärztin im texanischen Hügelland abzugelten. Schon kurz nach ihrem Umzug von Kalifornien hierher hatte sich Ernüchterung eingestellt. In Texas gab es riesige Insekten, und vor Insekten aller Art hatte sie schon immer Angst gehabt. Noch schlimmer war allerdings die Tatsache, dass sie hier keinen Anschluss fand. Die Leute waren zwar höflich zu ihr, doch sie akzeptierten sie nicht. Sie kamen nur dann zu ihr in die Praxis, wenn sie absolut nicht mehr weiterwussten, und beklagten sich dann, dass sie nicht Dr. Cummings war. Der Umstand, dass sie ihr Medizinstudium gerade erst beendet hatte und fast fünfzig Jahre jünger war als ihr Vorgänger, machte es ihr nicht gerade leichter.
Aber obwohl sie sich einsam fühlte und oft nichts mit sich anzufangen wusste, hatte Jane den Eindruck, dass sich die Dinge langsam zum Positiven wendeten. Immerhin hatte sie sich mit Lydia Boyd angefreundet. Lydia war Ende fünfzig und besaß ein Antiquitätengeschäft mit einer Teestube, dem Victorian Tea Room. Seit sie Lydia eines Morgens angesprochen hatte, ging es Jane wesentlich besser.
Gerade hatte ihr letzter Patient die Praxis verlassen, und Jenny Bender, ihre Sprechstundenhilfe, war bereits im Feierabend. Jane lehnte sich in ihrem Schreibtischsessel zurück. Sie hatte einen arbeitsreichen Tag hinter sich. Das war ein gutes Zeichen, denn es bedeutete, dass mittlerweile mehr Leute Vertrauen in ihre Fähigkeiten hatten.
Elaine Patterson würde diese Woche aus den Flitterwochen zurückkehren. Sie führte ebenfalls ein Geschäft, und Jane hatte sie durch Lydia kennengelernt. Nun hoffte sie, dass sich auch zwischen ihnen eine Freundschaft entwickeln würde.
Ein Geräusch im Vorzimmer riss sie aus ihren Gedanken, und sie stand auf, um nachzusehen, was es war.
»Ist da jemand?«, fragte sie beim Verlassen des Sprechzimmers.
Nichts.
»Hallo?«, versuchte sie es noch einmal.
»Dr. Jane?«, erklang eine Kinderstimme aus dem Wartezimmer.
Als Jane den Raum betrat, stand sie der sechsjährigen Maggie Daniels gegenüber, die offenbar gerade hereingekommen war. »Oh, hallo, Maggie.«
Die Kleine senkte den Kopf, und dabei fielen ihre Zöpfe