3. | Das Pferd von hinten aufgezäumt: Interpretation der SzeneWalpurgisnacht |
Grundlage desFaust
Exemplarischer Zugriff
DerProlog im Himmel gestaltet die gesamte Handlung desFaust, und zwar beider Teile. Was auch immer Goethes Titelfigur unternimmt – der Auseinandersetzung zwischen Gott und Teufel kann sich Faust nicht entziehen, er steht unter Beobachtung. Zu seinem Glück oder Unglück weiß er davon nichts. Wenn manDer Tragödie Erster Teil gelesen hat, kann man den interpretatorischen Zugriff auf ungewohnte Weise riskieren, indem man mit einer Szene am Ende anfängt. Das soll exemplarisch geschehen anhand der Kriterien, die gerade vorgestellt wurden. Anschließend werden die weiteren Szenen weniger aufwändig betrachtet, um den Rahmen dieser Darstellung nicht zu sprengen.
Einordnung der Szene im Drama
Schlüsselfunktion
DieWalpurgisnacht aus GoethesFaust dürfte eine Schlüsselfunktion einnehmen, obwohl ihre Bedeutung in der interpretatorischen Wahrnehmung seit der ersten Ausgabe vomFaust im Jahr 1808 aus noch zu besprechenden Gründen zusammen mit demWalpurgisnachtstraum mitunter tendenziell heruntergespielt wurde, indem man sie eher als satirisch-witziges, bisweilen natürlich auch etwas unheimliches Zwischenspiel nach den SzenenNacht. Straße vor Gretchens Türe bzw.Dom und den abschließenden FolgeszenenTrüber Tag. Feld bzw.Kerker gesehen hat. DieWalpurgisnacht soll nun analysiert und interpretiert werden, wobei in die werkimmanenten Betrachtungen auch textexterne Fakten einfließen müssen.
Der Kontext der Szene
Der SzeneWalpurgisnacht geht die Vernichtung der emotionalen und sozialen Grundlagen Gretchens voraus. Nach dem unerwarteten Tod der Mutter wird ihr Bruder Valentin in einem Duell tödlich verwundet, das Mephisto einfädelt, als er vor ihrem Fenster im Beisein von Faust ein anzügliches Ständchen singt, das Gretchen und ihre heimliche Liebesaffäre bloßstellt, alle Nachbarn hören und ihren Bruder in Rage ver