: David Rennert
: Der Oslo-Report Wie ein deutscher Physiker die geheimen Pläne der Nazis verriet
: Residenz Verlag
: 9783701746408
: 1
: CHF 15.30
:
: Geschichte
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine unglaublich mutige Tat des politischen Widerstands eines Einzelnen gegen die Nazis. Acht Wochen nach dem Überfall Nazideutschlands auf Polen 1939 gingen zwei Briefe in der britischen Botschaft in Oslo ein. Der anonyme Verfasser beschrieb neue deutsche Waffensysteme und umriss die Ziele militärischer Forschungsprogramme der Wehrmacht. Der britische Geheimdienst fürchtete gezielte Desinformation. Doch ein junger Geheimdienstoffizier erkannte, dass die Informationen größtenteils zutreffend waren - und zum Vorteil der Alliierten genutzt werden konnten. Aber wer hatte den 'Oslo-Report' geschrieben? Bis heute ist Hans Ferdinand Mayer, der Verfasser des Dokuments, kaum bekannt. Er riskierte alles und entkam nur knapp dem Tod im KZ. In diesem Buch zeichnet David Rennert die atemberaubende Geschichte des Oslo-Reports nach.

David Rennert, geboren 1984, studierte Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien und ist Wissenschaftsredakteur bei 'Der Standard'. Er hat gemeinsam mit Tanja Traxler das Buch 'Lise Meitner - Pionierin des Atomzeitalters' (Wissenschaftsbuch des Jahres 2019) verfasst. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen 'Der Oslo-Report' (2021).

1. Kapitel:


Ein Physiker für den Geheimdienst


Der Anruf aus Berlin kommt am 31. August 1939 gegen 16 Uhr. »Großmutter gestorben.« Auf diese Worte hat Alfred Naujocks in seinem Hotel im oberschlesischen Gleiwitz (polnisch: Gliwice) seit mehr als zwei Wochen gewartet. Sie sind das Startsignal für die bisher wichtigste Geheimoperation des 27-jährigen SS-Sturmbannführers. Naujocks hat sich im berüchtigten Sicherheitsdienst, dem Geheimdienst der SS, in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht: Morde, Bombenanschläge und Spezialaufträge im Ausland sind das Metier des glühenden Nationalsozialisten. Die geplante Aktion in Gleiwitz ist von besonderer Tragweite, der Befehl dazu kommt von ganz oben. Reinhard Heydrich, der Chef des Sicherheitsdienstes, hat Naujocks persönlich damit beauftragt. Heute Abend soll es also wirklich beginnen.

Gleiwitz liegt nur wenige Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Nordwestlich der Stadt ragt der »Schlesische Eiffelturm« 118 Meter in die Höhe, ein Rundfunksender aus Holz, der ein wenig an das berühmte Wahrzeichen von Paris erinnert. Um Punkt 20 Uhr stürmt Naujocks mit sechs bewaffneten SS-Männern – alle als Zivilisten getarnt – das Stationsgebäude neben dem Sender. Die Angreifer schießen wild um sich, überwältigen das Personal der Radiostation und dringen in den Senderaum ein. Doch ihnen ist ein grober Fehler unterlaufen: Entgegen ihren Erwartung