: Julia Strachey
: Heiteres Wetter zur Hochzeit Roman
: Dörlemann eBook
: 9783908778837
: 1
: CHF 12.50
:
: Erzählende Literatur
: German
: 160
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Heiteres Wetter zur Hochzeit erschien erstmals 1932 in der Hogarth Press bei Leonard und Virginia Woolf. Der kleine bitterböse Roman ist auch heute ebenso erheiternd und scharfsinnig wie vor siebzig Jahren: An ihrem Hochzeitstag wird einer junger Braut bewusst, dass sie dabei ist, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen. Ein frischer Märztag an der Küste von Dorset. Dolly ist im Begriff, den Ehrenwerten Owen Bingham zu heiraten. Die Begegnung mit ihrem enttäuschten Verehrer, der es nicht geschafft hat, sie für sich zu gewinnen, schreckt die Braut auf. Und Dolly wendet sich - geplagt von bösen Vorahnungen - einer Flasche Rum zu. Sie hofft, mit deren Unterstützung doch noch vor den Altar treten zu können ...

Julia Strachey, geboren 1901 in Indien, war Lytton Stracheys Nichte. Sie arbeitete als Model und Fotografin. Ihre Ehe mit Stephen Tomlin zerbrach nach kurzer Zeit, 1939 lernte sie Lawrence Gowing kennen, mit dem sie dreißig Jahre zusammenlebte. Sie gehörte zur Bloomsbury Group und schrieb neben zahlreichen Kurzgeschichten die Romane Heiteres Wetter zur Hochzeit, der 1932 in der Hogarth Press erschien, und The Man on the Pier (1951). Cheerful Weather for the Wedding wurde 2012 verfilmt. Julia Strachey starb 1979.

II


Der lange Saal auf der Rückseite des Hauses der Thatchams, in dem die Familie für gewöhnlich saß, war um zwölf Uhr in strahlendes Sonnenlicht getaucht. Gleichzeitig war ein heulender Sturm aufgezogen, wie üblich, denn das Haus stand oben auf den Klippen. Die Hochzeit sollte um zwei Uhr stattfinden (die Kirche befand sich gleich hinter der Gartenmauer, was praktisch war).

Sonnenlicht fiel in blendenden Rechtecken durch die Fenster auf die verblichenen Glyzinien der Cretonne-Sofas und -Sessel und ließ das auf Böcken stehende indische Messingtablett aufleuchten, auf dem sich Zeitschriften und Bibliotheksbücher stapelten. Den gelben Glanz reflektierten silberne Fotorahmen und maurische Brieföffner und die neben dem Klavier hängende weiß-braune serbische Stickerei. Das Licht des Kaminfeuers verblasste dagegen – die Flammen waren in all diesem Glanz kaum zu sehen.

Mrs Thatcham hatte in diesem Raum immer eine große Zahl Topfpflanzen stehen, Narzissen, Fuchsien, Hortensien, Alpenveilchen. Heute stand auf einem Tisch in der Nähe des Feuers zusätzlich ein geballtes Gebirge aus Hyazinthen aller Art in Rosa, Rot und einem verwaschenen Mauve; durch das Fenster fiel stahlblaues Frühlingslicht, das jedes der schmalen wächsernen Blütenblätter schillern ließ.

Auf dem Sofa lag der Länge nach ausgestreckt ein dreizehnjähriger Cousin der Braut – der schwarzhaarige Robert – und las in der ZeitschriftThe Captain. Robert hatte Augen, die glänzten wie zwei ölig schwarze Backpflaumen, und die Gesichtsfarbe eines dunkelroten Pfirsichs.

Vor der Treppe ging Tom, sein älterer Bruder, auf und ab, sein Schritt hatte etwas Wichtigtuerisches und irgendwie Unheimliches an sich.

Tom war blond und hübsch anzusehen, aber nun quollen seine kobaltblauen Augen aus seinem Kopf wie die eines Ochsenfroschs.

Beiden Jungen waren die Haare so glatt wie Satin gebürstet worden, und beide hatten sich umgezogen und trugen für die Hochzeit makellose schwarze Jacketts.

»Robert.«

Es war, als wäre plötzlich eine große Blase vom Boden eines dunklen Wasserbehälters emporgestiegen und an der Oberfläche dumpf und hohl zerplatzt – nichts an Toms schleichender Gestalt wies darauf hin, dass er es war, der gesprochen hatte.

»Robert.« (Eine weitere Blase platzte dumpf und hohl.)

»Robert. Robert.« Die ganze Zeit schlich Tom weiter hin und her.

»Robert.« Jetzt kam das Wort leise von hinter der Sofalehne, wohin Tom, von seinem jüngeren Bruder unbemerkt, geschlichen war.

»Robert«, wiederholte Tom. »Robert. Ich sage, Robert. Robert. Robert.«

Tom beugte sich über die Sofalehne und sang leise, jedes Wort einzeln betonend, wie es Hypnotiseure tun:

»DEINE MUTTER WÜRDE ZWEIFELLOS WOLLEN, DASS DU DICH NACH OBEN BEGIBST, ROBERT, ZUM ZWECKE, DIESE UNMÖGLICHEN SOCKEN ZU WECHSELN.«

Der Patient zeigte kein Lebenszeichen.

»WECH