Die Kirchturmglocke läutete, als wäre der Glöckner betrunken oder als fiele ihm jemand ständig in den Arm und wollte ihn daran hindern, am Glockenstrick zu ziehen: erst zweimal zögernd, dann nach einer kleinen Pause dreimal hintereinander, worauf ein einzelner Schlag folgte, dann vier stolpernde und schließlich noch zwei. Es war zwölf Uhr mittags. Eine Männerstimme überschlug sich: Ici! Ici!, das zweite i ein Nadelstich, doch der Hund sprang weiter auf Sperber zu, der vor Hunden keine Angst hatte und ungerührt den Kai entlangging, wobei er bei jedem Schritt, wenn ein Fuß in der Luft schwebte, Daumen und Zeigefinger der rechten Hand dreimal kurz aneinandertippte. Auch von den Rhythmusstörungen der Glocke hatte er sich beim Gehen und Fingertippen nicht beirren lassen. Von Jugend an hatte er solche Ticks gekannt, von denen das Nicht-auf-die-Ritzen-zwischen-den-Pflastersteinen-Treten einer der ersten und harmlosesten gewesen war. Schon lange hatte er aufgehört, gegen diese Zwänge anzukämpfen, so wie er schon lange nicht mehr versuchte, seine Gedanken von bestimmten Gegenständen, Menschen oder Orten fernzuhalten. Stattdessen hatte er eine Strategie entwickelt, mit deren Hilfe er zumindest die Illusion aufrechterhielt, seinen inneren Zwängen nicht gänzlich ausgeliefert zu sein, sondern eine gewisse Herrschaft über sie auszuüben. Indem er manche von ihnen bevorzugt behandelte, schläferte er die übrigen ein. Anders gesagt: Während er beim Gehen mit den Fingern tippte, brauchte er nicht die nackten und die von Tauwerk umschlungenen Poller zu zählen. Insgeheim nannte er das den »Sade-Trick«, weil er einmal gelesen hatte, der Marquis de Sade habe in einem der Gefängnisse, in denen er im Laufe seines Lebens eingesessen hatte, vielleicht in der Bastille, ein Schloss an der Innenseite seiner Kerkertür befestigen lassen. So konnte er zwar nicht aus seinem Gefängnis hinaus, aber solange er es nicht gestattete, konnte auch niemand zu ihm herein. Diese Entscheidung besaß eine komische Größe. Sie schien zu sagen: Innerhalb der Gefängnismauern des Lebens kann ich mir eine gewisse Freiheit ertrotzen. Ihr mögt diese winzige Freiheit lächerlich finden. Mir aber macht sie die Existenz erträglich.
Tiptiptip, linker Fuß auf dem Boden, tiptiptip, rechter Fuß auf dem Boden. Er g