1. KAPITEL
Francesco Romanelli wechselte gerade auf die rechte Spur der Autobahn, als sein Handy erneut klingelte. Er runzelte genervt die Stirn, ignorierte es aber ansonsten. Allerdings konnte er nicht verhindern, dass sein Blick zu dem leeren Beifahrersitz hinüberschweifte, auf dem ein weiteres Handy lag – das war jedoch ausgeschaltet.
Es war der einzige Gegenstand, der seinen Wutanfall überstanden hatte, bei dem er alle Sachen, die ihn an seine äußerst kurze Ehe erinnern konnten, hinausgeworfen hatte. Wenn seine Haushälterin in ihrem Kampf gegen Staub und Schmutz nicht so unerbittlich gewesen wäre, dann hätte er das Telefon nie gefunden – und auch die verstörende Nachricht, die es enthielt, wäre ihm verborgen geblieben.
Was vermutlich genau die Absicht seiner Frau gewesen war.
Francesco biss die Zähne zusammen, während er krampfhaft darum bemüht war, den aufsteigenden Zorn zu beherrschen, der ihn jedes Mal dann zu überwältigen drohte, wenn er an die Situation dachte, der er sich jetzt gegenübersah.
Nach den Ereignissen der vergangenen Monate mutete es wie eine Ironie des Schicksals an, dass er sich noch vor einem Jahr bei seinem Zwillingsbruder darüber beklagt hatte, sein Leben sei zu vorhersehbar geworden!
Damals hatte sich Francesco gerade von seiner aktuellen Geliebten getrennt. Es war eine Trennung in gegenseitigem Einvernehmen gewesen, wie man so schön sagte. Obwohl er für gewöhnlich äußerst scharfsichtig war, hatte er in diesem Fall das Ende nicht kommen sehen.
Wie auch? Die fragliche Dame – eine Unternehmensanwältin, die ebenso schön wie klug war – hatte gleich zu Beginn ihrer Affäre klargestellt, dass sie für emotionale Verwicklungen keine Zeit habe. Insofern war es schon eine gehörige Überraschung gewesen, als sie ihm mitteilte: „Es ist nichts Persönliches, Francesco – genau genommen hatte ich nie besseren Sex, aber meine Uhr tickt, und daher kann ich es mir nicht leisten, meine Zeit mit einem Mann zu verschwenden, der derart bindungsunfähig ist wie du.“
Die Aussage hatte ihn nicht beleidigt, er verbrachte deshalb auch keine schlaflosen Nächte, aber er war doch ein wenig ins Grübeln gekommen … „Glaubst du, dass ich bindungsunfähig bin?“, fragte er später seinen Bruder.
Rafes Antwort fiel äußerst taktvoll aus. „Natürlich nicht, aber vielleicht wäre es keine schlechte Idee, wenn du dich einmal genauso stark in deinen persönlichen Beziehungen engagieren würdest wie in deiner Arbeit?“
„Das ist ja das Problem. Ichmuss mich gar nicht so besonders stark in meiner Arbeit engagieren … zumindest meistens nicht“, entgegnete er. „Manchmal erwische ich mich dabei, dass ich mir ein Desaster wünsche, das ich in Ordnung bringen kann … es gibt überhaupt keine Herausforderung mehr. Mein Leben ist absolut vorherseh