: Albert Memmi
: Der Kolonisator und der Kolonisierte Zwei Porträts
: CEP Europäische Verlagsanstalt
: 9783863935764
: 1
: CHF 9.00
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: Geschichte
: German
: 149
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Kolonien sind inzwischen weit¬gehend abgeschafft, aber haben sich damit auch das Kolonialverhältnis und der allgegenwärtige Rassismus aufgelöst? Nicht nur die jüngsten Debatten über Postkolonialismus, um die Thesen des Philosophen Achille Mbembe oder über das Konzept des Humboldtforums im Berliner Schloss zeigen, dass dieses Trauma auch nach der Erringung der politischen Unabhängigkeit auf vielen Ländern der Dritten Welt noch lastet und ein rassistisch oder kolonialistisch gefärbter Überlegenheitsdünkel nach wie vor in erschreckendem Maße die Haltung ist, die die Erste Welt gegenüber den Menschen und Gesellschaften in den früheren Kolonien einnimmt. Auf hohem literarischen Niveau und mit einem unbestechlichen, präzisen Blick für die Realität seiner Gesellschaft zeichnete der in Tunesien als Jude geborene Albert Memmi erstmals in den 1950er Jahren mit seinen beiden Porträts, einem Grundtext der antikolonialen Opposition. Auch wenn heute diese Studie gewiss anders als in der Phase des Zerfalls der großen Kolonialimperien zu lesen ist, zeigt Adam Shatz in dem angefügten und kürzlich in der London Book Review erschienenen Nachwort, dass sie nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat.

Jean-Paul Sartre
Vorwort


Nur der Südstaatler ist befugt, sich über Sklaverei zu äußern: er kennt den Neger*; die Leute im Norden, abstrakt denkende Puritaner, kennen nur den Menschen an sich. Dies schöne Argument erfüllt stets noch seinen Zweck: in Houston, in der Presse von New Orleans und endlich – immer ist man irgend jemandes Nordstaatler – im »französischen« Algerien; da werden die Zeitungen nicht müde, uns zu versichern, dass einzig der Kolonisator qualifiziert sei, über die Kolonie zu sprechen: wir, die Bewohner des Mutterlandes, verfügen nicht über seine Erfahrung; wir müssen Afrikas brennende Erde durch seine Augen sehen, oder wir sehen dort nichts als Flammen.

Leuten, die sich von solcher Erpressung einschüchtern lassen, empfehle ich, das BuchDer Kolonisator und der Kolonisierte zu lesen. Hier steht Erfahrung gegen Erfahrung: der Autor, ein Tunesier, hat inLa Statue de sel (dt.Die Salzsäule) seine harte Jugend erzählt. Was ist er nun in Wahrheit? Kolonisator oder Kolonisierter? Er selbst würde sagen: weder das eine noch das andere; Sie vielleicht: sowohl das eine wie das andere; im Grunde kommt es auf dasselbe hinaus. Er gehört einer jener eingeborenen, aber nicht islamischen Gruppen an, die, »mehr oder minder begünstigt im Verhältnis zu den kolonisierten Massen … sich ausgeschlossen sehen … von der kolonisierenden Gruppe«, die ihren Bemühungen, sich in die europäische Gesellschaft zu integrieren, immerhin »nicht ablehnend gegenübersteht«. De facto mit dem Subproletariat solidarisch, durch magere Privilegien von ihm getrennt, befinden sich jene Individuen in einer permanenten Malaise. Memmi hat diese doppelte Solidarität und diese doppelte Zurückweisung erfahren: die Spannung, die die Kolonisatoren den Kolonisierten und die »sich selbst v