: Goran Fercec
: Wunder wird es hier keine geben
: Residenz Verlag
: 9783701746538
: 1
: CHF 14.40
:
: Erzählende Literatur
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hoffnungslos, aber nicht ernst: Fer?ecs Roman ist ein kleines existentialistisches Meisterwerk. Wunder wird es im Nachkriegsjugoslawien tatsächlich keine geben, auch wenn der Kapitalismus sie unablässig verspricht. Bender, der vor dem Bürgerkrieg geflüchtet ist und seitdem in der Fremde lebt, kehrt erstmals in das zerstörte Dorf seiner Kindheit zurück. Sein Vater, der in Kroatien geblieben ist, ruft ihn: Die Mutter ist verschwunden, Bender soll helfen, sie zu finden. Präzise, lakonisch und mit schwarzem Humor beschreibt Goran Fer?ec die Alltagsroutinen und die vergebliche Suche der beiden Männer. Vater und Sohn sind außerstande, Worte für ihre Traumata und Verluste zu finden, ihre kargen Dialoge scheinen geradewegs aus dem absurden Theater eines Beckett zu stammen. So knapp und so untergründig komisch ist selten von der Sinnlosigkeit des Kriegs erzählt worden.

Goran Fer?ec ist 1978 in Koprivnica (Kroatien) geboren, lebt in Zagreb und Rijeka. Er ist Theaterautor, Dramaturg und Essayist, für seine Performances und Theaterstücke hat er zahlreiche Preise gewonnen, seine Werke wurden in Zagreb und Rijeka, aber auch in Leipzig, Bonn und beim steirischen herbst in Graz aufgeführt. 2015 erschien seine Essaysammlung 'Handbuch für Gestern', 2018 seine gesammelten Performancetexte 'Überstunden'. 'Wunder wird es hier keine geben' ist sein erster Roman (Orig. 'Ovdje ne?e biti ?uda', 2011). Mascha Dabi? (Übersetzung), 1981 in Sarajevo geboren, übersetzt Literatur aus dem Balkanraum, u.?a. 'Ausgehen' von Barbi Markovi? oder die Werke von Svetislav Basara, Dragan Veliki?, Damir Ov?ina und Goran Fer?ec. Studium der Translationswissenschaft (Englisch und Russisch). Lebt in Wien, arbeitet als Dolmetscherin im Asyl- und Konferenzbereich und lehrt an den Universitäten Innsbruck und Wien. Mit ihrem Debütroman 'Reibungsverluste' landete sie auf der Shortlist Debüt des Österreichischen Buchpreises 2017; 2018 erhielt sie den Literatur-Förderungspreis der Stadt Wien.

2


Er schlief und träumte in Farben. Der Traum duftete nach zerbröselter Erde und Angst. Im Traum trägt er einen Pyjama, er ist einer sommerlichen Nachmittagshitze ausgeliefert, er sitzt im hinteren Teil eines offenen Militär-Jeeps, neben ihm zwei Typen in Uniform. Sie bringen ihn irgendwohin, er kann die Landschaft nicht erkennen. Die Männer haben ihm nichts gesagt, er weiß gar nicht, wie er hier gelandet ist. Er denkt, das könnte ein schmerzloses Ende seiner Reise sein. Die untergehende Sonne brennt auf seinen Rücken. Er muss weglaufen, aber die Wächter halten ihn fest. Sie führen ihn ins Unbekannte. Er ist überzeugt, dass er nicht viel tun kann, um sich zu retten, aber der Traum ist auf seiner Seite, und so muss einer von den beiden Typen, der rechte, seine Blase entleeren. Das Fahrzeug hält an. Das ist die Gelegenheit, die er ausnützen muss. Er schlägt dem linken, tollpatschigeren Wächter auf den Kopf, mit einer Kraft, die nur in Träumen existiert. Der Wächter fällt tot um. Er selbst läuft in ein weiches Gestrüpp, das am Straßenrand wächst, und fällt hin, dann rollt er über die Blätter wie über Wasser. Er lacht, weil genug Licht da ist, dass er seine Hände sehen kann, und wenn es Licht gibt, dann ist auch die Rettung nah. Er springt auf, läuft auf die leere Straße hinaus, schnurstracks den beiden Männern, vor denen er davongelaufen ist, in die Arme. Der rechte, der seine Blase entleert hat, fasst ihn am rechten Unterarm, der linke, lebendig und unverletzt, am linken. Sie zwingen ihn, wieder in den Jeep einzusteigen, und fahren weiter. Er wendet sich an sie und sagt, er glaube, vor ihnen sei schon jemand auf diesem Weg gegangen. Die beiden schweigen zunächst, dann unterhalten sie sich miteinander in einer Sprache, die er erkennt, jedoch nicht versteht. Die stumpfen Sätze, die er aufschnappt, während der Wind in seinen Ohren rauscht, lassen ihn schlussfolgern, dass die Männer ihn an den Ort seines Anfangs führen. Ganz leise, wie ein Kind, das sich mit Unterwürfigkeit Schokolade erschleichen möchte, beginnt er zu bitten, sie mögen ihn freilassen. Und sie lassen ihn frei. Er steht auf der Straße, schaut zu, wie der Jeep weiterfährt, und sieht sich selbst, wie er zwischen den beiden Typen sitzt. Ein anderes Ich. Er dreht sich um, um dorthin zu gehen, wo er herkommt. Er sieht riesige Buchstaben auf einer Werbefläche, durch die die Sonne scheint. Im Kopf reiht er einen Buchstaben an den anderen. AIVALSOGUY. Er steht auf der fals