Unsere Rückkehr nach Tegelvik zu Beginn des neuen Jahres fühlte sich bereits ein bisschen wie nach Hause kommen an. Das bedeutete zugleich auch, dass der Lack des Funkelnagelneuen ab war.
Ich verstand inzwischen zu viel Schwedisch, um mir noch einreden zu können, dass die Leute hier im neuen Land grundsätzlich netter, toleranter, lebensklüger oder einfach nur sympathischer waren als im alten.
Der so angenehm trockene Humor der Holsteiner fehlte mir zuweilen und auch die deutsche Direktheit. In Schweden hielt man mit seiner Meinung, vor allem wenn sie von der aller anderen abwich, lieber hinter dem Berg. »Att ha åsikter« – Standpunkte zu haben, das gilt hierzulande als nichts Gutes. Mit zu viel Aufrichtigkeit machst du dich in Schweden kaum beliebt.
Daran, dass ich begonnen hatte, die Schattenseiten des Landes zu bekritteln, war möglicherweise die Kälte im Haus nicht ganz unschuldig. Ständiges Frösteln macht eben unduldsam. Und auch die Invasion der Mäuse, die immer zahlreicher und frecher in Erscheinung traten, verdüsterte mein Weltbild. Einzig in unserer nächtlichen Bastion, meinem Arbeitszimmer unterm Dach, ließen die Mäuse uns zufrieden.
Unsere junge Katze Dana hatte zwar zu jagen begonnen. Doch noch waren ihr die grausamen Spiele mit ihren Opfern wichtiger als die Pflicht des effektiven Tötens.
Tatkräftig wie immer sagte Åke Hilfe zu. Gift und ein kleines Kind im Haus – das gehe nicht gut zusammen, sagte er und kam mit einer Spezialanordnung, die er als die effektivste und billigste Mäusefalle der Welt bezeichnete: ein Eimer mit Wasser, auf den während der Nacht ein mit Speck eingeriebenes Holzbrett als eine Art von Leiter führte.
Die Mäuse benutzten sie tatsächlich, fielen ins Wasser und waren am kommenden Morgen ertrunken.
Als erster Anblick, noch ein wenig schlaftrunken nach halb durchgeschriebener Nacht, waren diese Wasserleichen nicht unbedingt das, was ich als guten Start in einen neuen Tag bezeichne. Ich entsorgte sie, um Hauke den Anblick des Massakers zu ersparen, und gab Åke Eimer und Brett zurück. Er lachte mich natürlich aus und fand mich allzu zimperlich.
Doch ich setzte lieber auf Katze Dana, kürzte ihre Futterration, und tatsächlich begann sie ihren Job allmählich ernster zu nehmen. Sie aß zwar immer noch kein Mäusefleisch, reihte die erlegten Kreaturen jedoch von nun an stets fein säuberlich auf der Fußmatte im Flur auf. Es waren jeden Morgen zwischen fünf und neun. Dennoch reduzierte sich die Anzahl der überlebenden Hausbesetzer allzu langsam.
Schließlich half jedoch unsere Politik der Abschreckung. Solange unsere stets ein wenig hungrige Katze leise maunzend durch die Räume patrouillierte, wagten sich die Mäuse immer seltener hervor. Stattdessen hörten wir sie fortan umso geschäftiger durch die Isolierung in den Wänden wuseln. Es schien, als wollten sie sich durch extra hektische und geräuschvolle Geschäftigkeit für die drastischen Maßnahmen rächen. Solange sie es dabei beließen, konnten wir zufrieden sein.
Ich war im Prozess der neuen Heimatfindung einen guten Schritt vorangekommen und wohnte nun in einer Art von Niemandsland. In Deutschland war ich ohne eigenen Wohnsitz nur noch Gast. Und in Schweden hatten wir den exotischen Reiz der Neuankömmlinge eingebüßt, ohne jedoch bereits als heimatberechtigt zu gelten. Ich hatte zwar eine Reihe von Bekanntschaften gemacht. Doch Bekannte sind nicht unbedingt Vertraute, und engere Freundschaften entwickelten sich im Norden offenbar nur langsam. Natürlich war auch die Sprache, die ich noch nicht perfekt beherrschte, ein gewisses Hindernis. Ich konnte mich in Alltagsdingen recht mühelos verständlich machen, doch wenn es um komplizierter