: Sylvia B. Lindström
: Ein Meer aus Licht und Farben Mein Neubeginn in Südschweden
: Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783959103251
: Sehnsuchtsorte
: 1
: CHF 12.00
:
: Europa
: German
: 240
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nach einer schmerzlichen Trennung sieht Sylvia Brandis in Deutschland als alleinerziehende Mutter ohne Job und festen Wohnsitz einer ungewissen Zukunft entgegen. Also gibt sie ihrem Leben eine ganz neue Wendung und wandert mit ihrem dreijährigen Sohn Hauke nach Schweden aus - ein Land, das sie lediglich aus Astrid Lindgrens Kinderbüchern kennt. Ihr Sehnsuchtsort ist eine heile Welt mit einsamen Wäldern, Seen, gemütlichen Holzhäusern, mit freundlichen und toleranten Menschen. In einer solchen friedvollen Idylle soll Hauke aufwachsen. Doch der Alltag auf Öland, einer Insel im Südosten Schwedens, wo sie schließlich landet, sieht anders aus: Wer hier Fuß fassen will, darf sich für keine Arbeit zu schade sein. Und so gründet Sylvia zusammen mit einem öländischen Fischer eine kleine Firma, die Holzpferde herstellt. Sie verdingt sich zudem als Dolmetscherin, Zeitungsbotin, Aushilfskraft im ambulanten Pflegedienst, Märchenerzählerin für Kinder und Erwachsene und Spezialistin für Problempferde. Nach der Hochzeit mit Haukes »Wunschvater« ist ihr Glück allerdings noch lange nicht perfekt. Denn das Leben hat noch weitaus mehr mit Sylvia vor ...

Sylvia Brandis Lindström, geboren in Hamburg, arbeitete mit Dressurpferden, brach ihr Studium der Tiermedizin nach einigen Semestern ab und widmete sich neben der täglichen Arbeit auf einem Gestüt fortan dem Schreiben, unter anderem von Kinder- und Jugendbüchern. 1988 gewann sie beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt das Stipendium der Kärntner Industrie. 1992 zog sie nach Schweden und lebt seit 1994 auf der Insel Öland, wo sie als Physiotherapeutin für Pferde und freie Autorin tätig ist.

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Unsere Rückkehr nach Tegelvik zu Beginn des neuen Jahres fühlte sich bereits ein bisschen wie nach Hause kommen an. Das bedeutete zugleich auch, dass der Lack des Funkelnagelneuen ab war.

Ich verstand inzwischen zu viel Schwedisch, um mir noch einreden zu können, dass die Leute hier im neuen Land grundsätzlich netter, toleranter, lebensklüger oder einfach nur sympathischer waren als im alten.

Der so angenehm trockene Humor der Holsteiner fehlte mir zuweilen und auch die deutsche Direktheit. In Schweden hielt man mit seiner Meinung, vor allem wenn sie von der aller anderen abwich, lieber hinter dem Berg. »Att ha åsikter« – Standpunkte zu haben, das gilt hierzulande als nichts Gutes. Mit zu viel Aufrichtigkeit machst du dich in Schweden kaum beliebt.

Daran, dass ich begonnen hatte, die Schattenseiten des Landes zu bekritteln, war möglicherweise die Kälte im Haus nicht ganz unschuldig. Ständiges Frösteln macht eben unduldsam. Und auch die Invasion der Mäuse, die immer zahlreicher und frecher in Erscheinung traten, verdüsterte mein Weltbild. Einzig in unserer nächtlichen Bastion, meinem Arbeitszimmer unterm Dach, ließen die Mäuse uns zufrieden.

Unsere junge Katze Dana hatte zwar zu jagen begonnen. Doch noch waren ihr die grausamen Spiele mit ihren Opfern wichtiger als die Pflicht des effektiven Tötens.

Tatkräftig wie immer sagte Åke Hilfe zu. Gift und ein kleines Kind im Haus – das gehe nicht gut zusammen, sagte er und kam mit einer Spezialanordnung, die er als die effektivste und billigste Mäusefalle der Welt bezeichnete: ein Eimer mit Wasser, auf den während der Nacht ein mit Speck eingeriebenes Holzbrett als eine Art von Leiter führte.

Die Mäuse benutzten sie tatsächlich, fielen ins Wasser und waren am kommenden Morgen ertrunken.

Als erster Anblick, noch ein wenig schlaftrunken nach halb durchgeschriebener Nacht, waren diese Wasserleichen nicht unbedingt das, was ich als guten Start in einen neuen Tag bezeichne. Ich entsorgte sie, um Hauke den Anblick des Massakers zu ersparen, und gab Åke Eimer und Brett zurück. Er lachte mich natürlich aus und fand mich allzu zimperlich.

Doch ich setzte lieber auf Katze Dana, kürzte ihre Futterration, und tatsächlich begann sie ihren Job allmählich ernster zu nehmen. Sie aß zwar immer noch kein Mäusefleisch, reihte die erlegten Kreaturen jedoch von nun an stets fein säuberlich auf der Fußmatte im Flur auf. Es waren jeden Morgen zwischen fünf und neun. Dennoch reduzierte sich die Anzahl der überlebenden Hausbesetzer allzu langsam.

Schließlich half jedoch unsere Politik der Abschreckung. Solange unsere stets ein wenig hungrige Katze leise maunzend durch die Räume patrouillierte, wagten sich die Mäuse immer seltener hervor. Stattdessen hörten wir sie fortan umso geschäftiger durch die Isolierung in den Wänden wuseln. Es schien, als wollten sie sich durch extra hektische und geräuschvolle Geschäftigkeit für die drastischen Maßnahmen rächen. Solange sie es dabei beließen, konnten wir zufrieden sein.

Ich war im Prozess der neuen Heimatfindung einen guten Schritt vorangekommen und wohnte nun in einer Art von Niemandsland. In Deutschland war ich ohne eigenen Wohnsitz nur noch Gast. Und in Schweden hatten wir den exotischen Reiz der Neuankömmlinge eingebüßt, ohne jedoch bereits als heimatberechtigt zu gelten. Ich hatte zwar eine Reihe von Bekanntschaften gemacht. Doch Bekannte sind nicht unbedingt Vertraute, und engere Freundschaften entwickelten sich im Norden offenbar nur langsam. Natürlich war auch die Sprache, die ich noch nicht perfekt beherrschte, ein gewisses Hindernis. Ich konnte mich in Alltagsdingen recht mühelos verständlich machen, doch wenn es um komplizierter