STATT EINES VORWORTS: EIN TREFFEN IM VIRTUELLEN RAUM MIT DR. ECKART VON HIRSCHHAUSEN
Eckart von Hirschhausen: Hallo Claudia, hallo Katja. Ich kenne euch ja beide einzeln schon länger, nun schreibt ihr zusammen ein Buch über Klimawandel und Gesundheit. Ich bin neugierig. Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?
Katja Trippel: Klassisch – im Internet.
EvH: Wie jetzt? Parship? Insta?
Claudia Traidl-Hoffmann: Nein, ganz seriös über Duden! Der Verlag hat uns bei einer Videokonferenz wie dieser hier »verkuppelt«. Und es hat gleich gepasst.
EvH: Na, dann hätten wir das ja schon mal geklärt. Katja, du hast als Umweltjournalistin bereits viel zum Thema Klimawandel gearbeitet, aber hattest du schon mit Medizinern dazu Kontakt?
KT: Nie! Ich war mit Biologinnen, Gletscherforschern, Korallenexpertinnen und anderen Naturwissenschaftlern unterwegs oder habe sie interviewt, aber Claudia ist tatsächlich die erste Ärztin, mit der ich über das Thema spreche – und die auch selbst zum Thema Klimawandel forscht.
EvH: Claudia, wir sind uns über das Netzwerk KLUG begegnet. Das steht für die Allianz »Klimawandel und Gesundheit«, in der sich verschiedene Berufsgruppen aus dem Gesundheitswesen verbunden haben. Wie lange begleitet dich das Thema schon?
CTH: Schon eine Weile. Irgendwann hatte ich als Allergologin in meiner Ambulanz mit immer mehr Patientinnen und Patienten zu tun, deren Beschwerden nicht in das »normale« Lehrbuchschema passten. Auf einmal kam da im Januar ein Teenager mit schwerem Heuschnupfen zu mir. Und im März stellte sich ein Förster mit Zeckenstichen und Borreliose vor.
EvH: Was hast du dann gemacht?
CTH: Bei dem Heuschnupfen-Patienten war ich zuerst etwas erschrocken und dachte: Das kann eigentlich nicht sein, das ist doch viel zu früh im Jahr! Wir haben dann Pollenfallen aufgestellt und nachweisen können, dass die Pollen tatsächlich schon so früh flogen. Spätestens da war meine Neugier als Wissenschaftlerin geweckt. Und schnell war klar: Hier sind so komplexe Veränderungen im Gange, dass man sie am besten interdisziplinär erforscht.
EvH: Wie hat das Interdisziplinäre dann in diesem konkreten Fall ausgesehen?
CTH: Wir haben einen Aerobiologen um Hilfe gebeten, der kennt sich mit kleinsten organischen Partikeln in der Luft aus. Mit ihm haben wir Daten zum Pollenflug der letzten dreißig Jahre aus ganz Europa angeschaut. Und die zeigen sehr deutlich, dass die Pollensaison immer früher beginnt, länger dauert und dass auch die Menge an Pollen zunimmt.
EvH: Achtung, kein Wortwitz, aber der Versuch einer Überleitung: von den Pollen zu den Polen. Katja, lange Zeit wurde die Klimakrise fast ausschließlich mit Problemen verbunden, die weit weg sind, wie zum Beispiel schmelzenden Polkappen, Dürre in Afrika und vom steigenden Meeresspiegel betroffenen Inseln, die man vorher auch nicht kannte.
KT: Ja, diese Bilder haben wir alle im Kopf, aber keine Bilder von heiß geschwitzten Kindern oder von Senioren kurz vor dem Hitzekollaps. Viel zu lange wurde so getan, als hätte das Them