: Horst Dreier
: ad Hans Kelsen. Rechtspositivist und Demokrat
: CEP Europäische Verlagsanstalt
: 9783863935702
: 1
: CHF 6.30
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: Politik
: German
: 143
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hans Kelsen (1881-1973) gilt vielen als der Jurist des 20. Jahrhunderts. Diese Hochschätzung verdankt sich vor allem seinem zentralen rechtstheoretischen Werk, der 'Reinen Rechtslehre'. Aber er war gleichzeitig sehr viel mehr als nur der Begründer der scharfsinnigsten und elaboriertesten Theorie des Rechtspositivismus. Die drei hier versammelten Aufsätze führen in das umfängliche Schaffen des Gelehrten ein. Während der erste Beitrag einen Gesamtüberblick über Leben und Werk bietet, widmen sich die beiden folgenden Aufsätze der Demokratietheorie. Sie analysieren deren sozialphilosophische Grundlegung und zeigen ihre Strukturelemente auf. Der letzte Text konzentriert sich in besonderer Weise auf die wertrelativistische Grundlegung von Kelsens Lehre.

Horst Dreier war bis zu seiner Emeritierung im September 2020 Inhaber des Lehrstuhls für Rechtsphilosophie, Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Würzburg. Seine Dissertation von 1986 ('Rechtslehre, Staatssoziologie und Demokratietheorie bei Hans Kelsen') läutete die Wiederentdeckung Kelsens in der deutschen Staatsrechtswissenschaft ein.

Kelsens Demokratietheorie: Grundlegung, Strukturelemente, Probleme


I. Einführung


Hans Kelsen gehört zu den wenigen Weimarer Staatsrechtslehrern, die als aufrechte und überzeugte Demokraten gelten können.1 Abgesehen vielleicht von Richard Thoma2 war er unter diesen der einzige, der sich wissenschaftlich ausführlicher mit dem politischen und verfassungsrechtlichen Prinzip der Demokratie, seinen Voraussetzungen und Konsequenzen, auseinandergesetzt hat. Das Ergebnis hat man als „eine der großen Demokratiebegründungsschriften überhaupt“3 bezeichnet. Die Rede ist von Kelsens Studie über „Wesen und Wert der Demokratie“, die zuerst im Jahre 19204 und dann 1929 in zweiter, erweiterter Auflage erschienen ist.5 Ihren mittlerweile erreichten Klassikerstatus6 verdankt die Arbeit neben der Prominenz ihres Autors und den dramatischen Zeitumständen vermutlich in erster Linie ihrer Klarheit und Prägnanz, insbesondere der deduktiven Strenge und souveränen Eleganz bei der Problementfaltung. Wenn sie im folgenden den zentralen Bezugstext darstellt, so darf darüber nicht vergessen werden, daß Kelsen – von weiteren kleineren Schriften abgesehen7 – im Jahre 1955 nochmals eine im Umfang erheblich vermehrte und dazu in manchen Punkten modifizierte Version seiner Demokratietheorie vorgelegt hat, die allerdings an eher abgelegener Stelle und zudem in englischer Sprache erschienen ist.8 Darauf wird zurückzukommen sein.

II. Sozialphilosophische Grundlegung: Individuelle Freiheit und staatliche Ordnung


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