: Claus Bockmaier, Tina Frühauf
: Jüdische Musik im süddeutschen Raum / Mapping Jewish Music of Southern Germany
: Allitera Verlag
: 9783962332747
: 1
: CHF 27.00
:
: Musikgeschichte
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieser Band kartiert die jüdische Musik Süddeutschlands im 19. und 20. Jahrhundert: als einen Raum, der jüdische Musikgeschichte produziert, beherbergt und bewahrt; als einen gemeinsamen Raum von Juden und Nicht-Juden mit der möglichen Kultur des Zusammenflusses; und als einen Raum der Ausgrenzung und Verfolgung. Diese Räume - teils symbolisch, abstrakt, metaphorisch, teils konkret und inszeniert - ­erschließen sich in acht Kapiteln: zur Topografie jüdischen Musiklebens im NS-Staat in München, zum Leben und Wirken von Jakob Schönberg und Richard Fuchs im Kontext jüdischer Kunstmusik, zu den musikalischen Praktiken der jüdischen Gemeinden in Bamberg und Binswangen, zu den Aktivitäten des Esslinger Cantors Mayer Levi, zur Verlagerung süddeutscher und österreichischer jüdischer Musiker und ihrem Wirken in Ferramonti di Tarsia und nicht zuletzt zu Paul Ben-Haims sozialem und intellektuellem Umfeld vor und kurz nach der Emigration. This volume maps Jewish music of southern Germany in the nineteenth and twentieth centuries. It explores this region as a space that produces, inhabits, and preserves Jewish musical history; as a shared space between Jews and non-Jews that can result in a culture of confluence; and as a space of exclusion and persecution. These spaces?- some symbolic, abstract, metaphorical, and others concrete and enacted - are unraveled in eight chapters that address the topography of Jewish musical life in the NS state using the example of Munich, the life and work of Jakob Schönberg and Richard Fuchs in the context of Jewish art music, the musical practices of the Jewish communities in Bamberg and Binswangen, the activities of Cantor Mayer Levi of Esslingen, the dislocation of South German and Austrian Jewish musicians and their activities in the camp of Ferramonti di Tarsia, and Paul Ben-Haim's social and intellectual environment before and shortly after emigration.

Vorwort

Claus Bockmaier

Dieses Buch erscheint treffend zum Fest- und Themenjahr »321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Der Band will einen Beitrag seitens der Musik dazu leisten. Sein Ausgangspunkt ist indes die wissenschaftliche Konferenz zum Thema »Jüdische Musik im süddeutschen Raum – Geschichte, Exil, Fort-leben«, die am 11.–12. Juli 2019 an der Hochschule für Musik und Theater Mün-chen (HMTM) stattfand. Dabei hat das Hauptgebäude in der Arcisstraße 12 als Tagungsort seine eigene Bedeutung: Hier, im einstigen NS-›Führerbau‹ – wo am 29.–30.  September 1938 das ›Münchner Abkommen‹ zur Zwangseingliederung des tschechoslowakischen Sudetenlands in das Deutsche Reich getroffen worden war –, erfolgte nun ein besonderer Akt der Erinnerungskultur: Die Musik der unter dem Nationalsozialismus verfolgten deutschen Juden hat bewusst an dieser Stätte eine lebendige Erforschung und Würdigung erfahren, sodass man hier im größeren thematischen Sinn dieses Bandes auch von einemmapping point, einem Kartierungspunkt sprechen kann. Eine solche lokale Bezugsgröße zeigt im Übrigen auch das Coverbild: die Alte Münchner Hauptsynagoge1 – eingeweiht 1887, abgerissen im Juni 1938, also schon vor den Novemberpogromen.

Bei der Tagung 2019 haben sich in acht Symposiumssitzungen mit insgesamt 16 Vorträgen Musikhistoriker, Musikethnologen und Judaisten aus Europa, den USA und Israel mit dem vielschichtigen Phänomen ›Jüdische Musik‹ auseinandergesetzt, das in der Historiografie und der jüngeren Diskussion in durchaus wechselnden, Vorstellungshorizonte immer wieder erweiternden Definitionen gefasst worden ist. In der Konferenz ging es um Prozesse und Profile der Musik und deren Bedingungen in jüdischen Kontexten, um Komposition, Interpretation und Rezeption dieser Musik, um das Agieren und Gestalten jüdischer wie auch nicht-jüdischer Musiker in den betreffenden Zusammenhängen. Das Bezugsfeld der Betrachtungen bildete der süddeutsche Raum – von außen gesehen mit den Ländern Bayern und Baden-Württemberg, dem südlichen Rheinland-Pfalz sowie Hessen südlich des Mains – als geografisch, politisch und kulturell zu umrei-ßende, jedoch nicht strikt definierte Größe. Die Leitung der Tagung lag in den Händen von Prof. Dr. Tina Frühauf von der Columbia University New York, die im Sommersemester 2019 eine DAAD-Gastprofessur an dieser Hochschule innehatte, sowie von meiner Person se