1. Das Ich und die Seele
In einer Zeit, in der für uns alle leider Grund genug vorhanden ist, für unsere äußere Existenz die schlimmsten Befürchtungen zu hegen, kehrt sich unwillkürlich der Blick ins eigene Innere, um hier wenigstens unsere seelische Existenz vor der Bedrohung zu bewahren. Ewig sind die Fragen, die wir hier aufwerfen. Handelt es sich doch um die letzten Dinge: das Ich und die Unsterblichkeit, denen diese folgenden sechs Vorträge gewidmet sind. Wenn wir so eine begriffliche Innenschau vorzunehmen beginnen, so ist von vornherein streng formal festzustellen, dass die Bezeichnung für sogenannte seelische Dinge durchaus schwankend ist.
Bei solcher Revision stoßen wir zuerst auf zwei große Begriffe, die unser heutiges Thema ausmachen. Das, was uns selbst am eigentümlichsten ist, was unser Individuum ausmacht, das Ich, wird nicht nur in Romanen, sondern auch in der gewöhnlichen Sprache häufig mit dem Begriff der Seele verwechselt. Der Missbrauch dieser Worte ist so ungeheuer, dass es kaum einen Begriff dieser Art gibt, der in einer ganz bestimmten Umschreibung von allen Menschen in gleichem Sinne gebraucht wird. Man sagt: Seele, Herz, Gemüt und meint damit dasselbe. Oder man sagt: Verstand, Geist, Vernunft und bedenkt nicht, dass wir diese Dinge nur so gebrauchen sollten, wie sie einen physiologischen Sinn umschließen. Der Begriff der Seele ist das tiefste Kapitel unserer Geisteswissenschaft.
Was ist die Seele in unserem Leben? Wo ist sie? Zu finden ist sie nicht. Gerade im Krieg mit s