Kurz vor Mittag, an den bodentiefen Fenstern des Speisesaals ist kaum noch ein Platz frei, alle sitzen oder stehen dicht gedrängt, ich stelle mich neben Mark, was ist los, was ist los?, und draußen auf der Terrasse ist der Hausmeister mit einem Gartenschlauch, schraubt an der Düse herum, was ist los?, sag schon! Schildläuse, sagt Mark, Samtmilben, sagt jemand anderer, Spinnen! Spinnen! Spinnen!, sie sind winzig, sagt Mark, sieh nur!, und ich presse mein Gesicht an die Scheibe, kann nichts erkennen, sie sind winzig klein, sagt Mark, aber es sind viele, siehst du? Wie ein roter Schleier im Wind. Ein rotes Tierchen krabbelt über das Glas, flink, in eckigen Bewegungen, als wollte es Haken schlagen, ich fixiere es, doch Mark deutet auf die Schieferplatten, und jetzt sehe ich sie, Tausende knallrote, winzige Insekten, ein einziger, sich bewegender Teppich, doch noch bevor ich etwas sagen kann, beginnt das Wasser aus dem Schlauch herauszuschießen, der Hausmeister zielt auf die Tierchen, das Wasser spritzt in alle Richtungen, zahllose Tropfen auf der Fensterscheibe lassen unsere Aussicht allmählich verschwimmen. Der Hausmeister geht langsam vor, ruhig bewegt er den Schlauch hin und her. Hoffentlich übersieht er nichts, sagt jemand, heute gibt es Fisch und Brokkoli, sagt jemand anderer, und auf einmal ist es nicht mehr so eng und gedrängt am Fenster, Stühle werden gerückt, man verteilt sich, vereinzelt hört man Besteckgeklapper, einige rücken ihre Teller und Gläser zurecht, aber ich bleibe stehen, beobachte den Hausmeister, der hinter der nassen Scheibe seine Konturen verliert.
Du hast deine Hose nicht richtig zu, sagt Mark, und ich blicke nach unten, der Reißverschluss steht offen, danke, sage ich und bemerke, dass ich auch keine Hausschuhe anhabe, nur dünne, rosarote Socken, ich habe die Aufregung bis in mein Zimmer hinein gehört und vergessen, Punkt fünf zu befolgen, der Aufenthalt auf den Gängen und in den Gemeinschaftsräumen der Anstalt ist nur in Hausschuhen gestattet, und ich entdecke auch, dass der Sockenstoff über den Zehen beinahe durchsichtig ist, die Kanten der großen Nägel sind darunter klar auszumachen, eine Nagelschere bekomme ich nicht, nur Sandblattfeilen aus Karton.
Du hast nur Socken an, sagt Mark.
Ich habe die Schreie gehört, ich hatte keine Zeit, antworte ich, doch das bekommt Mark nicht mehr mit, Musik dröhnt aus seinen Kopfhörern, mischt sich mit den Geigenklängen, die nun aus den Deckenlautsprechern kommen, ein Projekt, sagen sie, deshalb sitzen hier jetzt auch immer drei oder vier Studentinnen mit Tablets und Collegeblöcken und sehen uns beim Essen zu, und manchmal besucht uns eine im Frauenstockwerk und fragt uns etwas, und Mark sagt, auch im Männerstockwerk sei manchmal eine, aber die sehe sich nur um und mache kleine Striche auf einer Liste.
Der Hausmeister steht nun direkt vor uns, er spritzt die Fuge zwischen Terrasse und Fenster ab. Mark drückt seine Stirn ans Glas, ich presse meine Handflächen an die Scheibe, doch trotz unserer unmittelbaren Nähe nimmt der Hausmeister von uns keine Notiz, ich klopfe, nichts, er hält den Kopf gesenkt, vielleicht ist das Wasser einfach zu laut, vielleicht verschluckt Sicherheitsglas alle Geräusche, ich lasse das Klopfen auch gleich wieder bleiben, hier drinnen ist es gut zu hören, alle Ohren sind auf Glasgeräusche geschult. Noch beim größten Tumult wird das leiseste Splittern,