: Michael Stehr
: Unbemannte Systeme und Cyber-Operationen Streitkräfte und Konflikte im 21. Jahrhundert - Eine Einführung
: E.S. Mittler& Sohn
: 9783813210330
: 1
: CHF 14.40
:
: Sonstiges
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Band liefert eine handliche und zugleich umfassende Einführung und gliedert sich in vier wesentliche Teile. Im ersten Teil werden anhand aktueller Technologien die unbemannten Systeme erläutert. Dabei wird mancher Mythos entzaubert und die Stellung des Menschen gegenüber seiner Technologie in den Fokus genommen. Der zweite Teil erläutert aktuelle Fragestellungen: Was wird Technologie mittelfristig leisten können? Was heißt das für sicherheitspolitische Strategie und Gefechtsfeldtaktik? Welche Fragen müssen gestellt werden hinsichtlich Rüstungsentwicklung, Ausrüstung und Ausbildung der kämpfenden Einheiten? Der dritte Teil beantwortet völkerrechtliche Fragestellungen. Im Hinblick auf das Humanitäre Völkerrecht werden häufig geäußerte Befürchtungen entschärft und anhand ausgesuchter maritimer Beispiele verdeutlicht, dass rechtliche Herausforderungen eher an unerwarteter Stelle auftauchen. Der vierte Teil widmet sich ethischen Fragestellungen und fokussiert auf ethische Verpflichtungen der Staaten gegenüber den eigenen Streitkräften und der eigenen Bevölkerung.

Dr. jur. Michael Stehr, Jahrgang 1966, hat im Staatsorganisationsrecht bei Hans-Peter Schneider in Hannover promoviert und ist seit 2000 tätig für die Redaktion der Fachzeitschrift MARINE FORUM am Deutschen Maritimen Institut (https://deutsches-maritimes- nstitut.de/marineforum/). Er publiziert seit 1992 zu politischen, rechtlichen, militärischen und technischen Aspekten der maritimen Sicherheit und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

1.TECHNOLOGIE – DEFINITIONEN, AKTUELLER STAND, POTENZIALE, RISIKEN UND HERAUSFORDERUNGEN


1.1.Grade der Automation von Systemen: Definitionen


Genügt der Oberbegriff – oder politisch motivierte Kampfbegriff – „autonom“ zur Kategorisierung der Vielfalt an Systemen, die bereits existieren oder für die die begründete Möglichkeit besteht, dass sie einmal entwickelt werden? Nein, differenzierende Definitionen sind unverzichtbare Basis dafür, die vielen schon existierenden ebenso wie in der Zukunft denkbaren Erscheinungsformen maschineller Systeme in einem definitorischen Raster zu erfassen und daraus differenzierende Schlüsse über Optionen und Grenzen militärischer Verwendbarkeit, über ihre Auswirkungen auf Sicherheitspolitik und Konflikte sowie über rechtliche oder ethische Anforderungen zu ziehen. Es braucht einmal eine trennscharfe Unterscheidung nach den technischen Eigenschaften von Systemen, genauer ihrem Grad an Eigenständigkeit und Komplexität ihrer Funktion. Ergänzend muss unterschieden werden nach der Art der Interaktion der Systeme mit dem Menschen.

1.1.1.Wirtschaft und Technologie: Definition „Automatisierung“


Schon technische Definitionen aus dem industriellen Bereich zeigen, dass Differenzierung notwendig ist, um die Vielfalt der technischen Optionen zu erfassen. Der Terminus „autonom“ kommt hier übrigens gar nicht vor. DIN V 1923311 definiert „Automatisierung“ als „Ausrüsten einer Einrichtung, sodass sie ganz oder teilweise ohne Mitwirkung des Menschen bestimmungsgemäß arbeitet“. Damit sind in einer sehr knappen Definition zwei mögliche Arbeitsweisen abgebildet: Aktivität mit Einbindung eines menschlichen Operators und Aktivität ohne einen solchen.

Damit ist jedoch eine Frage noch ausgeblendet, nämlich die Entscheidung, ob ein System überhaupt aktiv wird oder nicht und ob die Aktivität wieder gestoppt werden kann. Die Entscheidung über das Ob einer Aktivität ist im militärischen Bereich die entscheidende – denn es geht um das Ob einer Gewaltanwendung. Dieser Aspekt spielt im militärischen Bereich die entscheidende Rolle und ist für aktuell existierende Systeme und für künftige Entwicklungen ein ganz wesentliches Kriterium.

1.1.2.Militär und Technologie: Definitionen „automatisiert“ und „autonom“


Spezifisch für den militärischen Bereich zugeschnitten ist eine Dualität von aus dem Jahr 2017 stammenden Definitionen, die von den Streitkräften des United Kingdom genutzt werden, um die Besonderheiten unbemannter fliegender Systeme zu beschreiben und dabei auch erkennbar zu machen, was aktuelle Systeme nicht können.12 Im Folgenden werden sie kurz „UK-Definition“ genannt. Sie differenzieren in zwei Kategorien, deren erste den aus dem industriellen Bereich vertrauten Terminus „automatisiert“ nutzt.

Danach gilt als „automated system“:

„… an automated or automatic system is one that, in response to inputs from one or more sensors, is programmed to logically follow a predefined set of rules in order to provide an outcome. Knowing the set of rules under which it is operating means that its output is predictable.“13

Und als „autonomous system“:

„An autonomous system is capable of understanding higher-level intent and direction. From this understanding and its perception of its environment, such a system is able to take appropriate action to bring about a desired state. It is capable of deciding a course of action, from a number of alternatives, without depending on human oversight and control, although these may still be present. Although the overall activity of an autonomous unmanned aircraft will be predictable, individual actions may not be.“14

Das automatisierte System in diesem Sinne

ist ein programmiertes; seine Arbeitsweise basiert auf Algorithmen oder sonstiger logischer Programmierung, seine Arbeitsweise und deren Ergebnisse sind vorhersagbar. Über das Ob und Was der Aktivität entscheidet der Mensch, das System steuert im Rahmen der Programmierung