: Tessa Korber
: Noch einmal sterben vor dem Tod Frankenkrimi
: ars vivendi
: 9783747201855
: 1
: CHF 8.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 280
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ex-Kommissar Steinberger hat alles gut geplant: den Umzug in das gepflegte Altenstift, die Jahreskarte für den Tiergarten, die Nachmittage am nahen Valznerweiher, wo auch der Club sein Trainingsgelände hat, seine letzte große Liebe. Doch dann wird ihm klar: Zu seinen neuen Mitbewohnern gehört Peter Quent, der Mörder, den er nie zur Strecke bringen konnte, der dunkle Fleck auf seiner Karriere und seiner Seele. Steinberger begibt sich auf die Jagd, im Visier einen teuflischen Verbrecher. Oder hat er sich all die Jahre in Quent getäuscht? Ein Katz- und Mausspiel beginnt, in dem die Gegner sich nichts schenken ...

Dr. Tessa Korber, geb. 1966, studierte Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1998 als Autorin und Herausgeberin. 2011 erhielt sie den Kulturpreis ihrer Heimatstadt Forchheim.

 

2

Es dauerte eine Weile, bis Mauritius Steinberger den Abstieg aus dem achten Stock bewältigt hatte. Den größten Teil der Zeit verbrachte er auf einer Toilette neben dem Küchentrakt, wo er bemüht war, seinen Atem wieder zu normalisieren und seinen Knien das Zittern auszutreiben. Auf keinen Fall würde er Peter Quent hyperventilierend gegenübertreten.

Als es so weit war, schlüpfte er unauffällig in den weitläufigen Speisesaal. Er sah geneigte silberhaarige Köpfe, weiße Tischdecken, Blumengestecke, Weinkelche, Kochmützen und Servierschürzen, alles, was es brauchte, um das gepflegte Ambiente eines Hotels zu simulieren. Gestört wurde es nur von den vielen umherstehenden Gehhilfen. Angespannt musterte er die lichten Scheitel und gefurchten Gesichter. Das Gesicht von Peter Quent entdeckte er nicht.

Eine Servicekraft mit gestärkter Schürze wurde auf ihn aufmerksam und führte ihn, sein dringendes Sich-Umschauen missdeutend, an seinen Tisch, wo er aufgefordert wurde, zwischen den drei Tagesmenüs zu wählen. Seine Tischgenossen stellten sich vor und ermunterten ihn, ein wenig Konversation zu treiben. Das Gespräch plätscherte bald dahin, gebändigt durch gute Erziehung und Hinfälligkeit. Der eine oder andere funkelnde Blick traf ihn, doch Steinberger verstand es, ihn nicht zu erwidern. Außerdem war er nicht recht bei der Sache. Noch immer schweifte sein Blick durch den Saal. Es war die alte Gewohnheit des Jägers: Auf der Suche nach dem Wild, hinter dem er her war, musterte er den Rest rasch, sortierte und katalogisierte ihn und schob ihn als irrelevant beiseite. Bei ihm am Tisch saßen: die Spitznasige, der Besserwisser, die »Arme« – nach ihren wiederholten Bekundungen – und ein Mr. Siemens. Keiner von ihnen hatte das Zeug zum Gewalttäter. Keiner war Peter Quent. Doch Steinbergers Suche im weiteren Kreis blieb ebenfalls ergebnislos. Niemand sah Quent auch nur ähnlich. Verdächtig immerhin wirkte ein Mann mit Krücke und Freizeitkleidung, der mit einem prall gefüllten Rucksack zum Essen kam, den er dicht an sein heiles Bein stellte und in Abständen streichelte. Was da wohl drin war?, fragte sich Steinberger. Eine Frage, die ihn bei einer seiner Observationen interessiert hätte. Aber er war nicht beruflich hier. Er war nie mehr beruflich irgendwo.

Als er beim Dessert angelangt war, hatte sich schon die Ahnung Bahn zu brechen begonnen, dass er einer Verwechslung aufgesessen war, dem Aufblitzen einer Erinnerung, einer Freudschen Fehlleistung. Peter Quent war nicht hier.

Am Fenster saß zwar ein Mann, der Quents Statur hatte, mittelgroß und schlank, von Natur aus elegant, und der eine ähnliche Neigung besaß, den Kopf hocherhoben zu halten. Doch das war auch alles. Am Nachbartisch ertönte ein ganz ähnliches Lachen, laut und raumgreifend, aufmerksamkeitsheischend. Da, dort hinten, nahe der Tür, war ein ungewöhnlic