Beginnen wir also ganz naiv, uns einer möglichen Antwort auf die große Frage nach dem Sinn anzunähern. Abgesehen von konkreten Zielen, die $eine jede im Leben vielleicht verfolgt, sollen ebendiese Ziele am Ende des Tages ja dazu führen, dass wir uns gut fühlen. Manche nennen es zufrieden, andere glücklich. So wird Glück oft als ein kurzfristiger Zustand beschrieben, der nur möglich ist, gerade weil wir nicht dauerhaft glücklich sein können. Vergleichbar mit der Erkenntnis, dass wir die Dunkelheit kennen müssen, um Licht wahrnehmen zu können. Dagegen meinen Wissenschaftler, die sich ernsthaft mit der Thematik beschäftigen, mit »Zufriedenheit« oder auch dem »subjektiven Wohlbefinden« weniger einen akuten Zustand als einen messbaren langfristigen Daseinszustand, der natürlich gewissen Schwankungen unterworfen ist. Anders formuliert: Ein zufriedener Mensch durchlebt neben Glücksmomenten auch Phasen von Trauer, Angst und anderen negativen Emotionen.
Im Englischen gibt es ähnlich verschiedene Auslegungen des mittlerweile fast eingedeutschten Begriffs »Happiness«. Wann sind wir »happy«? Ist die »Happiness«, die derUS-amerikanische Musiker Pharell Williams in seinem preisgekrönten Song »Happy« besingt, die gleiche, die Menschen in Berlin am9. November1989 beim Fall der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhangs fühlten? Mal sind Momente wie eine Achterbahnfahrt, ein berufliches Erfolgserlebnis oder ein schöner Tag am Strand gemeint. In anderen Zusammenhängen meint »Happiness« eher das allgemeine Wohlbefinden, das anhand verschiedener Kriterien gemessen wird.
Seit Jahrtausenden diskutieren Gelehrte und Philosophen darüber, was Glück ausmacht und was es wirklich ist. So sind sich Wissenschaftler mittlerweile vor allem darin einig, uneins zu sein – agree to disagree heißt die klingende englische Formulierung –, wenn es darum geht, eine Glücksdefinition zu finden. Auch wenn in der Wissenschaft je nach Forschungsfrage und Disziplin teilweise noch unterschiedliche Begrifflichkeiten genutzt werden, haben sich die Philosophen und Gelehrten im Großen und Ganzen auf vier verschiedene Formen des »Glücks« geeinigt, die sich wiederum wissenschaftlich untersuchen lassen. Hier also ein kleiner Abstecher in die Philosophie der Erforschung des Glücks im21. Jahrhundert anhand der vier möglichen Auffassungen von »Glück«:
Der Geschmack von Schokolade, Wein und Gourmet-Menü, der Siegestreffer der Lieblingsmannschaft oder die liebevolle Umarmung. Das sind die Momente, die wir vielleicht am ehesten als »Glücksmomente« oder auch Vergnügen beschreiben würden und um die es beim hedonistischen Glück geht. Stellen wir uns unseren aktuellen Gefühlszustand als eine Waage vor, bei der auf der einen Seite alle positiven und auf der anderen Seite sämtliche negativen Gefühle liegen, dann meint »Vergnügen« die Momente, in denen die Waagschale mit den positiven Emotionen schwerer ist als die mit den negativen.
Können wir uns ein Leben lang gut fühlen und vergnügt sein? Nein! Und da kommt Glück Nummer zwei ins Spiel.
Die Lebenszufriedenheit meint die Bilanz, die wir ziehen – egal ob auf dem Sterbebett oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Leben. Auch wenn sie nicht ganz unabhängig vom hedonistischen Glück ist (dazu gleich mehr), messen wir mit Blick auf die eigene Lebenszufriedenheit mehr als die Summe aller Schokoladen- oder Glücksmomente. Stärker noch: Wir können uns gerade vor Schmerzen winden und trotzdem eine hohe Lebenszufriedenheit haben. Mit anderen Worten: Unsere Lebenszufriedenheit, die wir ganz intuitiv bewerten können, ist nicht zwangsläufig davon abhängig, wie vergnügt wir unser Leben verbringen. Diese mögliche Diskrepanz und die damit verbundene Frage nach dem »guten Leben« bringt uns zu Glück Nummer drei.
Die Idee vom guten (»eu«) Geist (»daimon«) steckt in der Vorstellung der Eudaimonie. Das Konzept geht auf den griechischen Universalgelehrten Aristoteles zurück, wird manchmal auch als »Glückseligkeit« übersetzt und meint die ethisch-moralische Grundvorstellung, dass der Mensch nach einem wertvollen Leben strebt. Im Vergleich zur subjektiven Lebenszufriedenheit lässt sich diese Glücksdefinition sehr viel besser anhand von Kriterien in den unterschiedlichen Lebensbereichen wie Arbeit, soziale Kontakte und Gesundheit messen. Statt Menschen zu fragen: »Wie zufrieden bist du mit deiner Berufswahl, deinem sozialen Leben, deiner Gesundheit …?«, werden hierbei von außen einsehbare Faktoren wie beruflicher Erfolg, soziale Eingebundenheit und gesundheitliche Kennzahlen gemessen. Bezogen auf ein Beispiel aus der Gesundheit: Statt den Nachwuchs zu fragen, ob er sich fit genug fühlt, um zur Schule zu gehen, können wir auch einfach das Fieberthermometer nutzen, um ein objektives Entscheidungskriterium für oder gegen den Schulbesuch zu erheben.
Gerade diese Vergleichbarkeit macht den Ansatz attraktiv für wissenschaftliche Studien, bringt aber auch einen riesigen Nachteil mit sich: Geht es nicht beim »Glück« gerade darum, dass es für jeden etwas Unterschiedliches bedeuten kann? Wir haben nicht alle di