CHOBIELIN
ICH WOLLTE SCHON immer in einemdworek wohnen. Jeder Pole möchte das. Ein im Ausland lebender Engländer träumt vielleicht davon, eines Tages in seine Heimat zurückzukehren und ein georgianisches Pfarrhaus zu beziehen. Ein Amerikaner irischer Herkunft sehnt sich vielleicht nach einem idyllischen weißen Cottage. Ein Deutscher oder ein Franzose möchte sich in seinen alten Tagen vielleicht auf einen kleinen Bauernhof in Bayern oder der Provence zurückziehen. Ein Pole sieht sich hingegen als stolzer Bewohner einesdwór, d.h. eines Gutshauses, oder eines etwas kleinerendworek. Ein typischesdworek ist ein klassizistischer Bau aus dem 18. oder dem Anfang des 19. Jahrhunderts, hält die Mitte zwischen einem aristokratischen Palast und einem florierenden Bauernhof und verfügt über das obligatorische weiße Säulenportal und zumindest einen großen Garten. Es muß nicht besonders vornehm sein – die meisten Häuser seiner Art bestehen aus Holz –, und in England würde ein durchschnittlichesdworek gerade noch als geräumiges Cottage durchgehen. Früher war die polnische Landschaft mit ihnen gepflastert.
In einemdworek läßt es sich nicht nur einfach angenehm wohnen, es ist ein Lebensstil. Nationen, die noch nie unter einer Besatzungsmacht gelebt haben, können sich wohl kaum vorstellen, welche Aura solche Orte umgibt, an denen einst die nationalen Hoffnungen bewahrt wurden. Im 19. Jahrhundert, als Polen von der europäischen Landkarte verschwand, wurde das Polentum an zwei verschiedenen Orten gehütet: in der Kirche durch die Bauern und imdwór durch den Adel. Im 19. Jahrhundert gingen von diesen Gutshäusern die aussichtslosen Aufstände des polnischen Adels aus; im Gegenzug wurden die Domizile von den zaristischen Machthabern beschlagnahmt. Bis vor wenigen Generationen drehten sich in Polen die populären Romane – die vielleicht am besten die jeweiligen Volksvorstellungen widerspiegeln – immer um eindworek. Jedes polnische Kind hat in der Schule, sogar in der kommunistischen Zeit, diese Vorstellung von Arkadien kennengelernt, die der Nationaldichter Adam Mickiewicz im Pariser Exil beschrieben hat:
Vor vielen Jahren lag an dieser Stelle
Ein Edelhof in einem Birkenhain.
Die weißen Wände leuchteten so helle
Durchs dunkle Grün der Pappeln, die in Reihn
Wie stumme Wächter das Gehöft umstanden.
Und wenn im Herbst der Sturm zog durch das Land,
Dann wurde all sein Toben schnell zuschanden:
Die Pappeln hielten seinem Wüten stand.
Das Wohnhaus war nicht groß. Die weißen Wände
Von Holz gefügt. Jedoch das Fundament
War ringsum fest gemauert. Fleiß’ge Hände,
Das sah man, waren tätig ohne End.
Und große Schober standen in der Enge
Des Hofraums, denn der weite Scheunenraum,
So groß er war, er faßte doch die Menge
Des eingebrachten Erntesegens kaum.
Getreidehocken standen dort in Reihen,
So dicht, wie Sterne hoch am Himmelszelt.
Sie zeugten von dem prächtigen Gedeihen
Des Korns auf dem gepflegten Ackerfeld.
Und in der Brache