: Georg Trakl
: Dichtungen und Briefe Georg Trakl
: Otto Müller Verlag
: 9783701362820
: 1
: CHF 27.20
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: Lyrik
: German
: 600
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Vor mehr als 50 Jahren ist die bedeutende historisch-kritische Trakl-Ausgabe von Walther Killy und Hans Szklenar erschienen. Mittlerweile ist die zweibändige HKA vergriffen, ebenso die Taschenbuch-Ausgabe des ersten Bandes, was nicht nur bei Trakl-Freunden als Mangel empfunden wird. Vorliegende Neuausgabe der 'Dichtungen und Briefe' von Georg Trakl macht erstmals völlig unbekannte Texte des Lyrikers zugänglich, die in letzter Zeit gefunden wurden. Dazu zählen 15 Gedichte der 'Sammlung Richard Buhlig', die Marty Bax (Amsterdam) im Archiv der California State University Long Beach bei Recherchen entdeckt hat, oder das Gedicht 'Hölderlin', das von einem Wiener Antiquariat angeboten wurde. Literarische Texte, die erst nach dem Erscheinen der ersten Taschenbuchausgabe veröffentlicht worden sind, werden ebenfalls in diesen Band aufgenommen. Dass Trakl sich auch mit dem literarischen Leben seiner Zeit beschäftigt hat, wird an der Rezension eines Gedichtbandes deutlich. Ein weiterer, bisher unbekannter Brief an Adolf Loos belegt das freundschaftliche Verhältnis zu dem Wiener Architekten. Mit dieser aktuellen Überarbeitung liegt nun eine repräsentative Ausgabe vor, die das dichterische Werk und die wichtigsten Briefe des großen Lyrikers des 20. Jahrhunderts in ansprechender Form vereint.

Trakl, Georg 1887-1914 Einer der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker des 20. Jahrhunderts. Nach Pharmazie-Studium und Militärdienst in Wien fand er eine entscheidende Förderung im Innsbrucker 'Brenner'-Kreis. Für den Militär-Apotheker führten 1914 in Galizien die Kriegsgräuel zu einem dramatischen Ende im Krakauer Garnisonsspital.

Am Abend ward zum Greis der Vater: in dunklen Zimmern versteinerte das Antlitz der Mutter und auf dem Knaben lastete der Fluch des entarteten Geschlechts. Manchmal erinnerte er sich seiner Kindheit, erfüllt von Krankheit, Schrecken und Finsternis, verschwiegener Spiele im Sternengarten, oder daß er die Ratten fütterte im dämmernden Hof. Aus blauem Spiegel trat die schmale Gestalt der Schwester und er stürzte wie tot ins Dunkel. Nachts brach sein Mund gleich einer roten Frucht auf und die Sterne erglänzten über seiner sprachlosen Trauer. Seine Träume erfüllten das alte Haus der Väter. Am Abend ging er gerne über den verfallenen Friedhof, oder er besah in dämmernder Totenkammer die Leichen, die grünen Flecken der Verwesung auf ihren schönen Händen. An der Pforte des Klosters bat er um ein Stück Brot; der Schatten eines Rappen sprang aus dem Dunkel und erschreckte ihn. Wenn er in seinem kühlen Bette lag, überkamen ihn unsägliche Tränen. Aber es war niemand, der die Hand auf seine Stirne gelegt hätte. Wenn der Herbst kam, ging er, ein Hellseher, in brauner Au. O, die Stunden wilder Verzückung, die Abende am grünen Fluß, die Jagden. O, die Seele, die leise das Lied des vergilbten Rohrs sang; feurige Frömmigkeit. Stille sah er und lang in die Sternenaugen der Kröte, befühlte mit erschauernden Händen die Kühle des alten Steins und besprach die ehrwürdige Sage des blauen Quells. O, die silbernen Fische und die Früchte, die von verkrüppelten Bäumen fielen. Die Akkorde seiner Schritte erfüllten ihn mit Stolz und Menschenverachtung. Am Heimweg traf er ein unbewohntes Schloß. Verfallene Götter standen im Garten, hintrauernd am Abend. Ihm aber schien: hier lebte ich vergessene Jahre. Ein Orgelchoral erfüllte ihn mit Gottes Schauern. Aber in dunkler Höhle verbrachte er seine Tage, log und stahl und verbarg sich, ein flammender Wolf, vor dem weißen Antlitz der Mutter. O