: Helmut Haberkamm
: Gräschkurs Fränkisch In einfachen und humorvollen Übungen zum Mundartexperten
: ars vivendi
: 9783747201978
: 1
: CHF 11.70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit Helmut Haberkamms humorvollen Übungen Schritt für Schritt zum Dialektexperten: Seit 2018 präsentiert Helmut Haberkamm seinen Gräschkurs Fränkisch als äußerst erfolgreiches Bühnenprogramm, nun gibt's endlich das Buch dazu (ergänzt um zahlreiche neue Gedichte und Übungen!): Der ebenso passionierte Mundartdichter wie Gymnasiallehrer nimmt uns darin mit auf eine vergnügliche Entdeckungsreise durch die Vorzüge und Hintergründe der fränkischen Dialekte. Humorvolle Erklärungen und Beispiele aus der Praxis zu Geschichte, Grammatik und Wortschatz machen diesen Crashkurs zum idealen Geschenk für alle (selbsternannten) Mundartexperten, Reigschmeckten und Anfänger.

HELMUT HABERKAMM, 1961 in Dachsbach im Aischgrund geboren, zählt zu den bekanntesten und vielseitigsten fränkischen Schriftstellern. Er ist promovierter Germanist, Anglist und Amerikanist und als Mundartdichter, Theater- und Romanautor sowie als Betexter von Bäckereitüten und Kunstfotografien tätig. Außerdem ist er Initiator des Mundartfestivals Edzerdla. Seine Kleine Sammlung fränkischer Dörfer wurde 2019 zum schönsten Regionalbuch Deutschlands gewählt.

 

Vorwort

Dieses Buch ist kein klassischer Sprachführer, auch kein Lehrwerk zum Erlernen des fränkischen Dialekts, wie es im Wort »Crashkurs« mitschwingt. Vielmehr versteht sich dieserGräschkurs als ein Vademecum, das uns den Wert und die Besonderheit der Mundart am Beispiel des Fränkischen vor Augen führen soll. Ein Wegbegleiter also hin zur Sprache einer besonderen Region, ihrer Geschichte und ihren vielfältigen Eigentümlichkeiten.

Alles, was im Folgenden beschrieben und alsFränkisch bezeichnet wird, bezieht sich exemplarisch auf meine Mundart, wie ich sie als Muttersprache im westmittelfränkischen Aischgrund kennengelernt, erworben und seitdem benutzt und lustvoll zelebriert habe. Der Dialekt ist für mich zeitlebens ein unentbehrlicher Fundus an Sprachmaterial gewesen, ein unerschöpfliches Reservoir an Goldkörnern der Volkskultur.

Gleichzeitig ist es verwunderlich, dass man den Kindern die Mundart bis heute ausgeredet und madig gemacht hat, sodass sie gar nicht mehr wissen können, was ihnen da vorenthalten worden ist und entgeht. Wer nur das Schriftdeutsche spricht und versteht, dem fehlen gewisse Spielarten und Finessen der gesprochenen Sprache. Mit einem Dialekt im Kopf und auf der Zunge kann man noch ganz andere Register des Deutschen ziehen und damit eine zusätzliche Palette an Ausdrucksmöglichkeiten zum Einsatz bringen.

Viele fränkische Dialektsprecher versuchen jedoch angestrengt, ihren erworbenen Zungenschlag zu verbergen und zu überdecken, indem sie auf ein oft verkrampftes, gestelztes Hochdeutsch ausweichen, das nicht authentisch und sogar fehlerhaft klingt, weil es überkorrekt herauskommen muss. Warum »dun sie tas ploß«? In den Medien und auf Bühnen verwenden und verkaufen Franken ihre eigene Mundart oft nur als Gschmarri, Gwaaf und launig-lachhafte Belustigungssprache, was sehr bedauerlich und wenig förderlich ist.

Offensichtlich empfinden sie ihre Muttersprache als minderwertig und wenig prestigeträchtig, sonst würden sie ja mit mehr Selbstbewusstsein und Ernsthaftigkeit zu ihrer sprachlichen Herkunft stehen. Viele glauben sogar, der Dialekt sei eine Art defizitäres Hochdeutsch, wie man in den 1950er- und 1960er-Jahren fälschlicherweise noch gedacht und in den unterschiedlichen Erziehungsanstalten auch gepredigt hat: »Sprich anständig! Wie heißt das richtig?« Mundart galt folglich als unanständig und falsch.

Wer nur Dialekt sprach, wurde als rückständig und beschränkt angesehen. Das Hochdeutsche sollte bessere Chancen für Bildung, Mobilität und beruflichen Aufstieg garantieren. Menschen, die nur die Mundart beherrschten und nichts anderes, gerieten ins Hintertreffen. Heute jedoch, wo sich die meisten Einheimischen sowohl auf Hochdeutsch als auch untereinander auf Fränkisch verständigen können, ist diese Barriere nicht mehr vorhanden.

Nun warnen SprachwissenschaftlerInnen weltweit vor dem Tod der kleinen Sprachen und regionalen Dialekte, weil dadurch die Vielfalt menschlicher Denk- und Ausdrucksmöglichkeiten verarme und ein unermesslicher kulturgeschichtlicher Verlust damit verbunden sei. Außerdem haben Spracherwerbs- und HirnforscherInnen längst nachgewiesen, welche Vorteile damit verknüpft sind, wenn man von frühester Kindheit an mit zwei oder gar mehreren Sprachen und Dialekten aufwächst, vor allen Dingen, weil Mund und Ohr, Bewusstsein und Wahrnehmung dadurch