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Am 2. Februar 2016 preschen zwei vielleicht zehnjährige Jungs, Dschamil und Mahdi, im strömenden Regen über die grosse Brache in der Cité du 11-Décembre-1960. Sie spielen sich den Ball zu und versuchen, nicht auszurutschen. Einer der beiden steckt in einem grossen Juventus-T-Shirt, der andere hat ein Trikot der algerischen Nationalmannschaft über seinen dicken, grässlich kratzenden Rollkragenpulli gestreift, in den seine Mutter ihn gezwängt hat. Sie nähern sich dem hinteren Rand des Feldes, wo die elfjährige Ines in einem riesigen weissen T-Shirt mit dem Logo der algerischen Armee in einem Tor aus Brettern und Backsteinen steht. Ein altes weisses Bettlaken wurde gespannt, um die Bälle zu halten. Von ferne, sich im Winde blähend, sieht es aus wie ein grosses Gespenst.
Ines hört, wie Dschamil und Mahdi sich etwas zurufen, aber sie ist zu weit weg, um das Geringste zu verstehen, und das Rauschen des Windes verzerrt ohnehin jeden Ton.
Die drei Kids sind glücklich über den Dauerregen, der seit letzter Woche anhält. Ihm ist es zu verdanken, dass die Jugendlichen das Feld geräumt haben, das sie normalerweise mit ihren Grossturnieren tagelang in Beschlag nehmen. Für den Moment hat der Regen sie verjagt. Sie sitzen zu Hause, im Warmen, vor ihrem Computer. Ines, Dschamil und Mahdi fürchten weder Regen noch Schlamm.
Wenn sie spielen, stellen sie sich vor, sie seien auf einem echten Fussballplatz mit grüner Rasenfläche und Toren, wie man sie im Fernsehen sieht. Die Erwachsenen, die mit ihren Pappkartons zugange sind und ihnen lächelnd zuschauen, sind ihnen egal. Manche feuern sie an, noch schneller zu laufen, mit leicht spöttischem Unterton. Den Kindern macht das nichts aus, denn sie sind von einer rasenden Menge umringt, die ihre Vornamen skandiert: »Mah-di! Mah-di! Dscha-mil! Dscha-mil! I-nes! I-nes!« Mit dem Ball am Fuss saust Mahdi los, quer durchs halbe Stadion, ihm wachsen Flügel. Er spielt den Ball Dschamil zu, der ihn aufnimmt und das Tor anvisiert. Jeden Augenblick kann er hinknallen, immer glitschiger wird de