: Susanne Hornfischer, Monika Büchel, Ingrid Boller, Karin Baltensperger, Brigitte Troeger, Ursula Sch
: Monika Büchel
: Friede kehrt ein 24 Weihnachtsgeschichten - mal besinnlich, mal heiter
: Bibellesebund Verlag
: 9783955684051
: 1
: CHF 8.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 144
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
24 ausgesuchte Weihnachtsgeschichten, die zu Herzen gehen. Sie wollen uns in der Advent- und Weihnachtszeit begleiten und auf das Christfest einstimmen. Extra: Am Schluss des Buches sind zu jeder Geschichte der Inhalt, das Thema, Bibelstellen sowie die Lesezeit angegeben. Eine große Hilfe für alle, die in der Gemeinde mitarbeiten.

Monika Büchel war von 1980 bis zu ihrer Pensionierung 2017 Redakteurin, Schriftleiterin und Projektkoordinatorin beim Bibellesebund. Sie liebt es, Geschichten zu erzählen, in denen Menschen die Größe Gottes erfahren, zählt Bildhauen zu ihren Hobbies und lebt in Gummersbach, wo sie sich auch in ihrer Kirchengemeinde und in der Flüchtlingshilfe engagiert. Für den Bibellesebund hat sie zahlreiche Bücher mit Geschichten herausgegeben und auch selber etliche geschrieben.

Anders als erwartet

von Ingrid Boller

„Hallo Heike, hier ist Gabi.“

„Hallo Gabi, schön, dich zu hören! Wie geht es dir? Hast du deine Weihnachtsvorbereitungen schon abgeschlossen?“

„Danke, ich bin ganz gut vorangekommen. Aber es ist ja auch nicht mehr viel.“

„Ja, das stimmt. Ich habe auch nur noch ein paar Kleinigkeiten zu besorgen, und übermorgen fahre ich schon nach Bayern zu den Kindern. Sie haben mich für die Weihnachtsfeiertage eingeladen. Ich freu mich so sehr darauf, vor allem auf mein Enkelkind.“

„Ja, das kann ich gut verstehen. Dann bist du also Heiligabend gar nicht hier“, schlussfolgerte Gabi.

„Nein, ich komme erst zwischen den Jahren wieder.“

„Dann wünsche ich dir richtig schöne Feiertage!“

„Danke, ich dir auch! Tschüs!“

„Danke, tschüs!“

Mit einem leisen Seufzer drückte Gabi die rote Auflegetaste ihres Telefons, um das Gespräch zu beenden. Sie hatte vorgehabt, Heike für den Heiligabend zu sich einzuladen. Seit Gabis Mann vor einigen Jahren gestorben war, hatten sie ein paar Mal diesen Abend zusammen verbracht. Heikes Tochter, eine Ärztin, war mit einem Ingenieur verheiratet. Die beiden hatten drei Jahre als Entwicklungshelfer in Uganda verbracht. Im letzten Frühjahr waren sie zurückgekommen, und im Herbst war Heike Großmutter geworden. Gabi gönnte es der Freundin von Herzen, zumal Heike und ihr Mann sich schon vor Jahren getrennt hatten.

Gabi spürte, wie sich Wehmut und Einsamkeit in ihr ausbreiteten. Kai, ihr Sohn, war als Manager eines großen Konzerns beruflich sehr eingespannt. Ihre Schwiegertochter Katja arbeitete als Juristin in einer großen Kanzlei. Die beiden wollten über die Feiertage richtig ausspannen und waren vorgestern nach Thailand geflogen.

Für Gabi war es kaum vorstellbar, Weihnachten ganz woanders zu verbringen, schon gar nicht an einem Strand bei dreißig Grad im Schatten. Nein, am liebsten war sie zu Hause, ganz traditionell mit Christvesper, Weihnachtsbaum, Weihnachtsgans und den vertrauten Weihnachtsliedern. Vielleicht würde es sogar schneien. Aber sie konnte auch verstehen, dass Kai und Katja gern einmal die Möglichkeit eines solchen Urlaubs wahrnehmen wollten. Vielleicht, so dachte Gabi, planten die beiden ja Nachwuchs. Und dann wäre sowieso alles anders.

Verstand und Verständnis war die eine Sache, das Gefühl eine andere. Und das Gefühl drohte sie jetzt doch zu überwältigen. Nur mit Mühe konnte sie die Tränen hinunterschlucken. Wen könnte sie sonst einladen? Andrea und Frank bekamen Besuch von ihren erwachsenen Kindern. Sie hatten schon drei putzmuntere Enkel, die – wie Andrea sagte – alles ordentlich aufmischen würden. Gabi hatte sich nicht getraut zu fragen, ob sie mitfeiern dürfte, obwohl Andrea und ihr Mann sehr offen und gastfreundlich waren. Aber Gabi wollte auf keinen Fall Gefahr laufen, ein Fremdkörper zu sein. Deshalb kam das nicht in Frage.

Ob sie es mal bei Ute versuchte? 953871 – ja, die Nummer stimmte. „Ute Zimmermann“ stand im Display. Wenigstens auf ihr Gedächtnis konnte sich Gabi verlassen.

Tuuuut – tuuuut – tuuuut – tuuuut – quälend lang kam das Freizeichen. „Zurzeit ist niemand zu Hause. Bitte sprechen Sie Ihre Nachricht nach dem Signalton.“ Sogar die neutrale Stimme des Anrufbeantworters erschien Gabi unfreundlich. Wo steckte U