1. Kapitel
Jeden Morgen, wenn Amanda Walker ihr Büro betrat, war die kühle, medizinisch reine und helle Atmosphäre für sie eine Wohltat. Sie genoss es, die ersten zehn Minuten ihres Arbeitstags am Mac zu verbringen, die Daten der Patientinnen aufzurufen, die an diesem Vormittag Termine bei ihr hatten, und den heißen, schwarzen Kaffee zu trinken, den sie sich immer von dem Barista in der Kaffeebar unten an der Ecke in den Thermosbecher füllen ließ. Mit Süßstoff, so wie sie ihn mochte.
Ein dezentes Klopfen ließ sie aufblicken. Ihre Helferin Erin stand in der Tür. Der weiße Kittel war makellos, ebenso die dunkelblaue Hose, die zu ihrer OP-Kleidung gehörte.
»Was gibt’s?«
»Ich störe nur ungern, aber da ist eine Patientin. Könnte ein Notfall sein.«
Sofort wandte Amanda sich dem Mac zu. »Welche Patientin?«, fragte sie geschäftig.
»Tiana Elroy.«
Amandas Finger verharrten über der Tastatur. Sie kannte den Namen. Leider viel zu gut.
»Sie klagt über Schmerzen im Unterbauch.«
»Schick sie rein.«
Vorbei war’s mit der morgendlichen Ruhe. Aber das war Amanda gewohnt.
Erin verschwand. Sofort tauchte das nächste Gesicht in der Tür auf. »Viel zu tun? Oder hast du einen Moment Zeit?«, fragte ihr Kollege Dr. Maurice Brown. Sie arbeiteten seit vier Jahren in dieser Praxis zusammen, und Amanda mochte ihn sehr gern, obwohl er manchmal total verrückte Ansichten vertrat.
Doch fachlich vertraute sie ihm vollkommen und sie hatte in den letzten Jahren viel von ihm gelernt.
»Gleich kommt eine Patientin, ja.«
»Wird wohl nichts mit der gemütlichen Morgenbesprechung.«
»Bist du nachher unten im OP?«
»Ha, heute sind es drei Patientinnen.« Er hielt einen Styroporbecher mit Kaffee in der Hand. Ebenfalls aus der Kaffeebar an der Straßenecke. Aus für Amanda völlig unerklärlichen Gründen weigerte Maurice sich seit jeher, einen Thermosbecher zu benutzen. Dabei schenkte sie ihm jedes Jahr zu Weihnachten einen, und jedes Jahr versprach er ihr hoch und heilig, diesen wirklich regelmäßig zu verwenden. Bis Neujahr hatte er den Vorsatz meist wieder vergessen.
»Dann sehen wir uns heute Mittag.«
Maurice tippte sich a