Eins
Holprige Landung
Was mache ich hier eigentlich?
Kaum war Elisabeth Overton aus dem Flugzeug gestiegen, traf sie die Frage wie ein Keulenschlag. Bislang hatte sie noch keine Zeit gefunden, über ihren spontanen Einfall nachzudenken. Gestern Abend war sie viel zu sehr mit den Reisevorbereitungen beschäftigt gewesen und nur einmal kurz stutzig geworden, als ihre Visa-Karte abgelehnt worden war. Das hatte sie dann aber einfach als technisches Problem abgetan und einfach mit American Express gezahlt. Und heute während des Fluges hatte sie ganz andere Sorgen gehabt –lieber Gott, lass uns heil ankommen. Zwar versuchte Allen ihr seit Jahren einzutrichtern, dass Flugreisen statistisch gesehen viel sicherer waren als Autofahrten, doch in der Luft hatte sie sich noch nie richtig wohl gefühlt.
Im Grunde wusste sie selbst, dass ihre Ängste völlig überzogen waren. Schließlich war ihre eigene Mutter vor vielen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, während Allen im Laufe ihrer langen Ehe unzählige Vielflieger-Meilen gesammelt und dabei höchstens ein paar Turbulenzen miterlebt hatte. Beth dagegen war erst ein paar Mal geflogen, die Premiere war damals mit Mitte zwanzig, und Flüge verband sie in erster Linie mit den Geschäftsreisen ihres Mannes, weniger mit exotischen Urlauben oder romantischen Kurztrips.
Bis heute. Denn dieser Ausflug nach Houston fiel eindeutig in die Kategorie romantisches Abenteuer – auch wenn Allen dort gerade bei einer Messe war. Normalerweise neigten sie beide nicht zu spontanen Aktionen, daher war sie gespannt, wie er reagieren würde. Den Flug hatte sie mit reichlich Gottvertrauen, mit zusammengebissenen Zähnen und einer Miniflasche Chardonnay immerhin schon überstanden. Also würde sie sich jetzt auch nicht mehr entmutigen lassen, sondern ihren Plan in die Tat umsetzen. Allerdings erst nach einem kurzen Abstecher zur Damentoilette.
Auf wackligen Beinen betrat Beth den Flughafenterminal. Als ihr Blick durch den Wartebereich schweifte, fühlte sie sich an einen Tag erinnert, der schon viele Jahre zurücklag:
Es war später Abend an einem bitterkalten dreiundzwanzigsten Dezember, damals, als man seine Lieben noch am Flugsteig erwarten durfte. Joy war noch keine vier Jahre alt. Ungeduldig hielten sie nach den aussteigenden Passagieren Ausschau. Wenige Wochen zuvor hatte Allen seine erste Stelle als Verkäufer angetreten und konnte aus seinem Charme endlich auch beruflich Gewinn schlagen. Wegen der Schlechtwetterwarnungen hatte Beth schon befürchtet, er würde nicht rechtzeitig an Weihnachten zu Hause sein – und die Puppe, die der »Weihnachtsmann« für Joy bringen sollte, hätte sicher nicht über das Fehlen des Vater hinweggetröstet. Also hatte Beth ihre Tochter in den kirschroten Secondhand-Mantel gepackt und sich über die Autobahn zum Flughafen Hartsfield gekämpft. Dass Allens Flug doch noch eine Landerlaubnis erhalten hatte, war für ihre Familie das schönste Weihnachtsgeschenk gewesen. Gemei