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»Wie finden Sie das, Chef?«, fragte Meier.
»Was soll ich wie finden?«, schnaubte Hauptkommissar Schwerdtfeger. Er war um die sechzig, riesig, breitschultrig, leicht übergewichtig und zum jetzigen Zeitpunkt hochrot im Gesicht.
»Na, die Lage des Kopfes. In einer Reihe mit den Krautköpfen. Das ist doch irgendwie komisch.«
»So? Finden Sie?«, brummte Schwerdtfeger, ohne seinen Assistenten anzusehen.
»Irgendwie schon.«
»Und wenn es Ihr Kopf wäre?«, fragte der Hauptkommissar grantig. »Wäre das auch komisch? Oder sogar noch komischer, wenn ich mir Ihren Kopf so ansehe. Bestimmt sogar.«
Meier lag die Entgegnung auf der Zunge, aber er behielt sie für sich, denn er kannte seinen Chef. Zu spät hatte er bemerkt, wieder einmal ein Fettnäpfchen erwischt zu haben, das sein schwarzer Humor bereitgestellt hatte.
»Sagen Sie mir lieber, was das zu bedeuten hat«, überging Schwerdtfeger den Fehltritt. »Falls es überhaupt etwas zu bedeuten hat.«
»Was genau meinen Sie?«, fragte Meier vorsichtig.
»Die Lage natürlich«, raunte Schwerdtfeger. »Die Lage von dem Kopf zwischen den Krautköpfen. Was ist unter dem Kopf?«
Meier ging in die Knie, warf dem dabeistehenden Rechtsmediziner einen fragenden Blick zu und näherte sich dem Kopf bis auf wenige Zentimeter.
»Nichts«, erklärte er, nachdem er wieder aufgetaucht war. »Soweit sich das erkennen lässt, wurde der ursprüngliche Kopf, also der Krautkopf, also … der wurde entfernt. Ich meine, der wurde geerntet.«
»Sieht nicht nach einem Zufall aus«, urteilte Schwerdtfeger laut und starrte auf den Toten. »Jemand hat seinen Kopf gezielt in die Lücke gelegt. Weiß der Teufel, warum. Vielleicht hat es auch gar nichts zu bedeuten. Ein schlechter Scherz oder so etwas in der Art. Hätte von Ihnen sein können, Meier. Entspricht Ihrem kruden Humor. Egal, lassen Sie ein paar Fotos mehr machen. Von oben wäre gut. Der Fotograf soll erst mal alles dokumentieren.«
Während Meier seine Aufträge ausführte, inspizierte der Hauptkommissar die Beete vor der Gartenlaube. Eine ordentliche Parzelle, die sich in einer überschaubaren, aber dafür umso gepflegteren Schrebergartenkolonie befand. Selbst im Spätsommer. Zwar fehlten ihm gartenbauliche Kenntnisse, aber die ersetzte er durch ästhetische Kriterien. Es war ein Garten, den er als ordentlich bezeichnen würde. Ein Garten, in dem alles seinen festen Platz besaß. Ästhetische Ordnung. Nur die Leiche störte das Gesamtbild. Daran konnte auch der Kopf nichts ändern, der die unterbrochene Reihe der Krautköpfe wieder zu einer geschlossenen Reihe machte. Ihm schoss die Frage durch den Kopf, wer den fehlenden Krautkopf entfernt hatte, der Besitzer der Gartenlaube oder der Täter. Sofern es sich überhaupt um verschiedene Personen handelte.
In diesem Augenblick stellte sich ihm ein Mitglied der Spurensicherung in den Weg, ein langes Messer in den spitzen, behandschuhten Fingern.
»Die Tatwaffe?«, fragte der Hauptkommissar.
»Sehr wahrscheinlich«, antwortete der Mann in Weiß.
»Wo haben Sie es gefunden?«
»In der Wassertonne hinterm Haus.«
»Fingerabdrücke?«
»Nein, leider nicht. Aber Blutspuren.«
»Immerhin«, sagte der Hauptkommissar und wandte sich ab. Er machte ein paar Schritte, um seinen wuchtigen Körper zum Zaun der stattlichen Laubenparzelle zu bewegen. Dort drehte er sich um und betrachtete die Szene, die aus einem Kriminalfilm hätte stammen können. Im Zentrum lag die Leiche, umschwirrt von mehreren