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Das Besprechungszimmer riecht nach Kippen, obwohl man dort offiziell irgendwann zu Beginn des Jahrhunderts zum letzten Mal rauchen durfte. Es ist früher Morgen, der Wind hat sich gelegt, aber draußen ist es noch dunkel. Vom Fenster aus sieht man die Bahnstrecke und die riesige Baustelle um sie herum, die zwar hell beleuchtet, aber menschenleer ist. Die hohen Kräne ragen zum Himmel auf wie im Stehen schlafende Dinosaurier.
Jessica legt die Finger um die Teetasse und hebt sie an die Lippen. Außer Erne ist das ganze Team versammelt: neben Jessica Jusuf, Nina, Mikael und Rasmus, der wie immer nach Schweiß müffelt. Im Polizeigebäude kursiert der Spruch, Rasmus’ Deo sei das größte Schwein der Weltgeschichte, denn es lasse ihn jeden Tag im Stich. Es ist geradezu unbegreiflich, dass die boshafte Bemerkung Rasmus noch nicht zu Ohren gekommen ist – andernfalls würde er vielleicht etwas gegen den Geruch tun. Rasmus Susikoski, fast auf den Tag genauso alt wie Jessica und ausgebildeter Jurist, hat keinen einzigen Tag im Außendienst gearbeitet. Dennoch hat er sich dank seiner guten Beobachtungsgabe und seiner umfassenden Allgemeinbildung bei vielen Ermittlungen als wahres Goldstück erwiesen.
Nina Ruska tippt gelassen auf ihrem Handy herum, als würde sie erst nach dem Absenden der Nachricht in das kühle Besprechungszimmer des Polizeigebäudes im Stadtteil Pasila zurückkehren, in eine Wirklichkeit, die gruseliger ist als jede erfundene Geschichte. Nina ist um die vierzig, eine sommersprossige Frau mit ausgeprägten Gesichtszügen, die schön ist, obwohl sie fast immer in Jeans und Hoody herumläuft. Neben ihr sitzt Mikael Kaariniemi, Micke genannt, der unablässig Kaugummi kaut. Er ist im selben Alter wie Nina, hat kürzlich den Kampf gegen den Haarausfall aufgegeben und trägt immer verblüffend glatt gebügelte Hemden. Er sieht Jessica an und hebt die Augenbrauen, doch sie wendet den Blick rasch ab.
»Morgen«, sagt Erne und schließt die Tür hinter sich. Die anderen fünf grüßen murmelnd zurück.
»Die Pressekonferenz beginnt um acht. Bis dahin müssen wir wenigstens eine vorläufige Ermittlungslinie entwerfen«, beginnt Erne und schaltet mit der Fernbedienung den Beamer ein. Das leise Surren des an der Decke hängenden Geräts füllt den Raum.
»Du fängst an, Rasse«, sagt Erne und lehnt sich an den Tisch. Der nach Schweiß riechende Mann räuspert sich und rückt mit dem Zeigefinger seine Brille zurecht. Dann wirft er einen kurzen Blick in die Runde und beginnt ein wenig stockend:
»Wir haben Koponens Trilogie gelesen und dann noch einen zweiten Durchgang gemacht, für den Fall, dass wir