1. KAPITEL
In aller Öffentlichkeit aufzutreten, ohne dass jemand ihn verdächtigte, das bereitete Red großes Vergnügen.
Als Produktionsassistent mischte er sich unter das Gefolge der B-Movie-Stars und kam problemlos an Einladungen zu Aufnahmeterminen in anderen Studios. Beziehungen waren alles. Mit den richtigen Kontakten kam man in der Pornobranche in New York schneller nach oben als mit dem richtigen Körperbau. Red verfügte zwar nicht über die Qualitäten eines Stars wie zum Beispiel John de Milo, den er hasste, aber zumindest besaß er die Fähigkeit, sich mit den richtigen Leuten anzufreunden und sich unter die Mitglieder der Filmcrew der Softpornos zu mischen.
In dieser Branche, die oft am Rand der Illegalität arbeitete, kam es darauf an, gegenüber allen Wichtigtuern und Selbstdarstellern harmlos zu erscheinen. Durch diese Anonymität gelang es Red auch, direkt vor Tabitha Everharts Nase zu agieren.
„Ruhe am Set!“, rief der Regisseur, denn im Gegensatz zu Filmaufnahmen in Hollywood herrschte hier eher Partystimmung.
Der Schauspieler John de Milo hielt als Letzter den Mund. Er machte einen heruntergekommenen Eindruck. Sehr bedenklich, fand Red, zumal John de Milo im Besitz sehr vertraulicher Informationen war. Schon bald, dachte Red, werde ich etwas dagegen unternehmen.
Tabitha Everhart hatte den ganzen Tag lang den Mund nicht aufgemacht. Sie war heute lediglich als Besucherin am Set, weil sie nächste Woche als Body-Double für den Film gebucht war. Allerdings wollte Red sich keinen falschen Hoffnungen hingeben. Nur weil sie heute schwieg, bedeutete das nicht, dass sie auch in Zukunft den Mund halten würde. Tabitha gehörte zu den wenigen Menschen, die in der Lage waren, Reds Geheimnis aufzudecken.
„Action!“
Auf den Ruf des Regisseurs hin fingen die drei Darsteller mit der Sexszene an. Sicher machten alle drei Jungschauspieler sich Hoffnungen, durch die Erfahrung aus diesen Softpornos irgendwann in richtigen Filmen mitspielen zu können.
Mit dem geschulten Auge des Produzenten prüfte Red die Szene und stieß abfällig die Luft aus. Mit härteren Filmen ließ sich bei Weitem mehr Geld verdienen.
Wenn Tabitha doch bloß zu Erotikfilmen bereit gewesen wäre! Dann wäre sie heute schon ein großer Star der Branche und brauchte sich nie wieder Gedanken zu machen, wo sie die nächste Rolle herbekam. Selbst ihre in der Presse breitgetretene Scheidung hätte ihrem Ruf als Sex-Darstellerin nicht schaden können. Doch jetzt kam Tabitha finanziell kaum über die Runden.
Wirklich schade, dass sie sich diese Chance hatte entgehen lassen. Noch mehr bedauerte Red jedoch, dass sie zu viel wusste. Da half auch Tabithas Liebenswürdigkeit nicht, die selbst von ihren egozentrischen Schauspielerkollegen bewundert wurde.
Die Darsteller stöhnten und wälzten sich halb bekleidet auf dem Bett herum. Gefilmt wurden nur Nahaufnahmen der Gesichter und Lippen, von geschlossenen Augenlidern und Fingern auf nackten Schultern. Trotzdem ahmten die Darsteller die Bewegungen beim Sex nach, und die Crew von ungefähr fünfundzwanzig Leuten sah zu. Im Schatten hinter dem Regisseur ahmte John de Milo die Hüftbewegungen des männlichen Hauptdarstellers übertrieben nach.
Tab