1. KAPITEL
Calhoun Webster blieb vor Überraschung einen Moment der Mund offen stehen. Dann presste er die Lippen fest zusammen. Sein Anwalt und Freund Hammond Kyle lächelte nachsichtig. „Deine Sprachlosigkeit ist verständlich. An deiner Stelle ginge es mir wohl nicht anders.“
„Willst du mich auf den Arm nehmen, Kyle?“, verlangte Cal zu wissen. „Wenn ja, dann hast du einen ganz schön miesen Humor.“
„Beruhige dich, Cal. Niemals würde ich dich in einer so ernsten Angelegenheit auf den Arm nehmen.“ Hammond fuhr sich mit der Hand durch das schüttere graue Haar. „Wie ich dir eben schon sagte, du bist Vater. Du hast ein Kind. Einen Sohn, um genau zu sein.“
Cal stieß heftig die Luft aus. Er war blass geworden und fühlte sich plötzlich unglaublich erschöpft. Die Anstrengungen wegen seines Auftrags in Kolumbien steckten ihm noch in den Knochen, und er wurde schnell müde. „Macht es dir etwas aus, wenn ich mich setze?“
„Ich wollte es dir selber gerade vorschlagen.“ Wieder umspielte ein Lächeln die Lippen des Anwalts. „Es wäre mir sehr unangenehm, wenn ein erwachsener Mann mitten in meinem Büro einfach umkippte.“
Cal warf ihm einen finsteren Blick zu, während er sich in einen der bequemen Sessel vor Hammonds schwerem Schreibtisch fallen ließ. Unzählige Fragen schwirrten ihm durch den Kopf, aber er konnte keine Ordnung in sie bringen.
Er hatte einen Sohn?
Das war unvorstellbar.
Unmöglich.
Nein, nicht unmöglich, aber es musste ein Irrtum sein. Das war es, nichts als ein Irrtum.
Cals Stimmung hob sich ein wenig bei diesem Gedanken, und er setzte sich etwas gerader auf. „Es muss sich um einen Irrtum handeln.“
„Das glaubst du doch selbst nicht“, antwortete Hammond ruhig.
„Aber Connie lebt nicht mehr“, erwiderte Cal fast verzweifelt. „So viel habe ich auch schon mitbekommen.“
Hammond warf ihm einen ungeduldigen Blick zu. „Deine Exfrau war schwanger, als sie dich verließ, behielt das aber offensichtlich für sich.“ Er seufzte tief. „Kommt immer wieder vor und lässt den armen Teufel von Vater wie einen Idioten dastehen, wenn er es schließlich doch herausfindet.“
Cal biss die Zähne zusammen, gleichzeitig umklammerte er die Armlehnen des Sessels so fest, dass die Knöchel an seinen Händen weiß wurden. „Miststück“, sagte er mehr zu sich.
„Das wusstest du doch schon, als du sie geheiratet hast“, bemerkte Hammond ungerührt.
„Stimmt. Aber ich weiß immer noch nicht, warum sie mir nichts von ihrer Schwangerschaft gesagt hat.“ Cals Stimme hatte etwas von ihrer Lebhaftigkeit wiedergewonnen.
„Wenigstens musstest du nicht beides auf einmal erfahren, ihren Tod und die Existenz des Babys.“ Hammond hielt kurz inne. „Wenn dir das ein Trost ist.“
Cals Miene wurde finsterer. „Mit wem war sie zusammen, als sie getötet wurde? Ich weiß, dass sie nicht allein war.“
„Nachdem Connie dich verlassen hat, ließ sie sich mit irgend so einem Biker ein. Sie kamen beide bei dem Unfall ums Leben.“
„Waren sie verheiratet?“
„Nicht dass ich wüsste. Es heißt, dass sie zusammenlebten.“
„Woher weiß ich dann, dass es mein Kind ist?“
„Dein Name steht auf der Geburtsurkunde“, sagte Hammond.
Cal sprang auf und griff nach dem Dokument, das sein Anwalt ihm reichte. Nachdem er es geprüft hatte, trat er ans Fenster und starrte hinaus in den strahlenden Sonnenschein.
Über ein Jahr lang hatte er sich diesen Luxus, für alle deutlich sichtbar vor einem Fenster zu stehen u