: Philippe Jordan, Haide Tenner
: Der Klang der Stille
: Residenz Verlag
: 9783701746491
: 1
: CHF 17.10
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der neue Musikdirektor der Wiener Staatsoper ist einer der gefragtesten Dirigenten seiner Generation, arbeitet an den bedeutendsten Opernhäusern, bei den wichtigsten Festspielen und in den berühmtesten Konzertsälen der Welt, sein Werdegang liest sich wie eine einzige Erfolgsgeschichte. Doch der Schweizer Philippe Jordan erzählt in diesem Buch auch von den Schwierigkeiten des Anfangs, von Hürden, die genommen werden mussten, von wichtigen Begegnungen, Enttäuschungen und Glücksmomenten. Haide Tenner hat in zahlreichen Gesprächen mit dem Dirigenten seinen persönlichen Zugang zur Musik und zu seiner Arbeit festgehalten und diese spannende Lebensgeschichte aufgeschrieben.

Philippe Jordan, geboren 1974 in Zürich, begann seine Karriere am Stadttheater Ulm. Es folgten Stationen an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin und als Chefdirigent am Grazer Opernhaus. Mit 35 Jahren wird er musikalischer Direktor der Pariser Oper, sechs Jahre lang ist er Chefdirigent der Wiener Symphoniker und nun wird der Wiener Publikumsliebling gemeinsam mit dem neuen Direktor Bogdan Ro?cic die Geschicke des Hauses am Ring bestimmen. Bei Residenz erschienen: 'Der Klang der Stille'. Haide Tenner, geboren 1947 in Wien, studierte Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte in Wien. Ab 1972 war sie beim ORF in Rundfunk und Fernsehen tätig, u.a. als Leiterin des Ressorts Musik in Ö 1, Koordinatorin der klassischen Musik in allen Bereichen des ORF sowie ab 2003 zusätzlich als Leiterin des Radio Symphonieorchesters Wien. Heute leitet die Kulturmanagerin und -journalistin u.a. die Künstlergespräche im Burgtheater, ist Universitätsrätin und Präsidentin der Wiener Meisterkurse. Zuletzt bei Residenz erschienen (Hrsg.): 'Ich möchte so lange leben, als ich ihnen dankbar sein kann. Alma Mahler - Arnold Schönberg. Der Briefwechsel.' (2012), 'Philippe Jordan. Der Klang der Stille' (2020).

Die Galeerenjahre


Eines Tages rief mich eine ältere Gesangslehrerin aus Zürich, eine Frau Gerhard, an. Mit etwas gebrechlicher Stimme ließ sie mich wissen, dass sie für ihre Gesangsschüler für einige Stunden einen Begleiter bräuchte, es gäbe auch ein wenig Geld dafür. Obwohl ich zu dieser Zeit eigentlich mein Diplom vorbereiten musste, sagte ich zu. Frau Gerhard wurde zu meinem Schutzengel, weil sie immer wieder darauf bestand, ich müsse dirigieren. Auf ihre Anregung hin schrieb ich an alle in Frage kommenden Agenturen. Die meisten antworteten natürlich nicht, doch dann kam eine Nachricht von einer Stuttgarter Agentur, sie hätten meine Bewerbung an das Stadttheater Ulm weitergeleitet, wo auch Karajan begonnen hatte, und das Vorspiel sei nächste Woche. Das war natürlich eine tolle Sache. Ich war erst neunzehn und kam bei diesem Vorspiel auch gut an. Da ich aber schon als Korrepetitor für denRing in Paris zugesagt hatte, stand ich allerdings für den Beginn der kommenden Saison nicht zur Verfügung. Daher wurde die Entscheidung vertagt, ich musste noch einmal mit konkreten schweren Opernszenen kommen und auch mit Sängern arbeiten. Ich übte bis dahin fleißig und wurde so tatsächlich ab Herbst 1994 Korrepetitor mit Dirigierverpflichtung am Stadttheater Ulm.

Wegen meiner Verpflichtung in Paris konnte ich weder die Eröffnungspremiere vomRosenkavalier nochWiener Blut korrepetieren, und so warFunny Girl mein erstes Stück – ausgerechnet ein Musical! Aber beim Üben bemerkte ich, wie viel Spaß mir diese Musik machte. Außerdem ist man gleich mit allen Abteilungen des Theaters beschäftigt: mit Sängern, Schauspielern und dem Ballett. Das Schöne im deutschen Stadttheater ist, dass man irgendwann immer seine Chance bekommt. Nach zwei Monaten übernahm ich zwei Vorstellungen als Dirigent. Es gibt das ungeschriebene Gesetz an deutschen Bühnen, dass man auf jeden Fall eine zweite Vorstellung bekommt, um sich zu verbessern, denn beim ersten Mal kann ja immer etwas schiefgehen. Sollte auch die zweite Vorstellung nicht wunschgemäß klappen, bleibt man am Klavier. Das war natürlich alles sehr aufregend, ich durfte Bühnenproben und eine Bühnenorchesterprobe leiten und das erste Mal ein professionelles Orchester dirigieren.

Mein Vater half mir damals sehr, denn er hatte mich als Korrepetitor zwar sehr gelobt, aber an meinen Dirigierfähigkeiten hatte er noch große Zweifel. Die Grundlagen hatte ich zwar im Fach Orchesterdirigieren am Konservatorium gelernt und auch in der Dirigentenklasse h