: Omar Khir Alanam
: Sisi, Sex und Semmelknödel Ein Araber ergründet die österreichische Seele
: Edition A
: 9783990013830
: 1
: CHF 14.40
:
: Gesellschaft
: German
: 288
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
2015 kam er kurz vor der großen Flüchtlingswelle nach Öster­reich. Inzwischen lebt Omar Khir Alanam gut integriert mit seiner österreichischen Frau und einem kleinen Kind in Graz. In den ver­gangenen fünf Jahren hörte er sich von den Österreichern an, wie Araber sind und wie sie nicht sind. In diesem Buch vertauscht er die Rollen und erzählt den Öster­reichern, wie er selbst sie erlebt hat und was er über sie und die österreichische Seele herausge­funden hat. Eine witzige Abrech­nung, die es den Angesproche­nen ermöglicht, sich dennoch wertgeschätzt zu fühlen.

Omar Khir Alanam, geboren 1991, wollte nicht als Soldat in Baschar al-Assads Armee töten und sterben. Er floh zunächst in den Libanon und dann nach Österreich. Er ist Autor, Poetry-Slammer und leitet Workshops, bei denen er Jugendlichen das Thema Integration näherbringt und Schreibwerkstätten anbietet. Zur Zeit lebt er mit seiner österreichischen Frau und seinem Sohn in Graz.

Das Fest des Huhnes


Als ich begonnen habe, an diesem Buch zu arbeiten und Erstaunliches aus dem Alltag hier in Österreich zusammenzutragen, habe ich einem Freund von meinem Plan erzählt. Diesen Freund kann man auf den ersten Blick als väterlich bezeichnen. Weil er fast doppelt so alt ist wie ich. Weil er vorne schon einen Fünfer trägt. Und weil er nicht wie andere seines Alters, die es unbedingt nochmal wissen und bei ihren viel jüngeren Zweit- und Drittfrauen gut ankommen wollen, ständig in schwarzen Converse mit weißen Schuhbändern herumläuft.

Trotzdem – und das soll jetzt bitte nicht respektlos klingen aus dem Mund des 28 Jahre jungen Mannes, der ich bin – ist er erstaunlich frisch im Kopf. Ich meine frisch im Sinne von jugendlich erfrischend. Er beklagt sich nicht ständig, ist kein bisschen resignativ und somit untypisch österreichisch. Ja, verglichen mit vielen meiner Altersgenossen oder einem gewissen, auch nicht viel älteren Spitzenpolitiker hier im Land, zu dem sie seiner konservativen Haltung wegen auch gerne »der alte Mann mit dem jungen Gesicht« sagen, ist mein Freund im Kopf ein richtiger Dénischer. Ohne dass deswegen seine Hormone ständig verrücktspielen. Ein Dénischer?

Ya-iIlahi. Oh, mein Gott. Diese verdammte deutsche Sprache mit ihren Hürden und Mauern und Zungenbrechern. Auch nach fünf Jahren legt sie immer noch ihre Schlingen nach mir aus. Dagegen ist perfekt Arabisch zu lernen das reinste Kinderspiel. Ob Sie es glauben oder nicht. Obwohl, Dénischer ist ja gar kein echtes Deutsch, sondern eines dieser vielen gestohlenen Worte. Trotzdem muss auch ich wie schon andere vor mir sagen:

Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen.

Das sagt ein arabisches Sprichwort. Manche behaupten ja, es stammt von Mark Twain. Oder Oscar Wilde. Oder Voltaire. Vielleicht aber auch von einem Deutschen selbst. Vielleicht Goethe? Das posten jedenfalls Syrer, die gerade Deutsch lernen. Dann gibt es wieder welche, ebenfalls Syrer, die dieselbe Weisheit mit einem Foto von Adolf Hitler ins Netz stellen. Kein Österreicher oder Deutscher würde das wagen. Doch das Geschichtsbild der Syrer ist ohnehin ein anderes, als man es sich hier vorstellen kann: Denn in den Schulbüchern, die Diktator Assad freigibt, wird behauptet, Hitler habe im Ersten Weltkrieg die Gräueltaten der Juden miterlebt, und darum habe er sein Volk später vor ihnen schützen wollen. Dass er in Wahrheit sechs Millionen Juden grausam ermorden ließ, habe ich – ob Sie es glauben oder nicht – tatsächlich erst in Österreich erfahren.

So oder so. Das Leben ist definitiv zu kurz, um Deutsch zu lernen.

Dénischer liest sich in der hochdeutschen Schriftsprache übrigens so: Teenager. Mein Freund lächelt immer, wenn ich mit meiner nach wie vor etwas zu harten Aussprache darüber stolpere. Aber so sehr ich mich auch bemühe, wenn ich es eilig habe beim Reden (und das haben wir Araber praktisch immer), kommt am Ende des Tages, wie es so schön heißt, bei Teenager Dénischer heraus.

Derselbe kopfjunge Freund hat eines Tages übrigens zu mir gesagt, er wolle ab sofort keine neuen Menschen mehr kennenlernen. Er kenne ohnehin schon viel zu viele. Durch seinen Beruf und das Leben und über