Als ich Johanna das erste Mal begegnete, war das Erste, was mir auffiel, ihr schiefer Eckzahn. Es muss im Kirchenchor gewesen sein, an einem dieser regnerischen Tage. Meine Mutter war aus dem Dorf gezogen, und mein Vater die meiste Zeit über still. Eine Art Schatten ging mit dem Schweigen einher. Vielleicht wusste er nicht, was er mit mir anfangen sollte? Auf jeden Fall schickte er mich nachmittags meistens in die Pfarrgemeinde. Es gab nicht viele Alternativen, das Dorf war klein, gleichsam hingespuckt in die hügelige Weinlandschaft, in der immer zu viel Wind wehte. Der Eckzahn blieb mir in Erinnerung. Ich weiß noch, wie ich Johanna beobachtete. Sie riss ihren schmalen Mund auf, wenn sie sang, und sah dabei wie ein Fisch aus. Ich konnte immer wieder den Zahn sehen, der ein bisschen zu groß war, leicht hervorsprang und von einer Zahnspange gehalten wurde. Ich weiß nicht warum, aber der Zahn gefiel mir. Auch an mir waren sämtliche Dinge zu groß, im Besonderen die Nase. Später hörte ich oft, dass das doch typisch sei für dieses Alter. Ich weiß es nicht. Ich fühlte mich einfach nicht in einer passenden Form. Während das Becken seltsam breit aussah und der Oberkörper viel zu kurz zu sein schien, schlenkerten meine Arme eigentümlich lang an mir herunter. Die Finger sehen aus wie Spinnengebein, dachte ich, wenn ich in den Spiegel sah.
»Schön«, rief die Klavierlehrerin, als sie mich nach dem Sommer wiedergesehen hatte. Sie hatte damit die Finger gemeint, die nun über die Oktaven hinausgreifen können würden. Ich selbst fand mich und meine langen Finger nur seltsam. Wusste nicht so recht, wo ich sie hingeben sollte. Sie waren ständig im Weg, baumelten an mir hinab wie deformierte Fremdkörper. Auch die Ha