: Reinhard Mehring
: Thomas Manns philosophische Dichtung Vom Grund und Zweck seines Projekts
: Verlag Karl Alber
: 9783495820353
: 1
: CHF 29.10
:
: Allgemeines, Lexika
: German
: 270
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: PDF
Thomas Mann scheint Goethe heute als Nationalschriftsteller abzulösen, repräsentiert sein Werk doch den Krisenweg des 20. Jahrhunderts und die liberaldemokratische Antwort. Er wollte sein Publikum nicht nur unterhalten, sondern auch 'erziehen'. Dabei steht er in der platonischen Tradition des 'Künstlerphilosophen', die er von Nietzsche her ergriff: Mann erkundete paradigmatische Gestalten gelingenden Lebens für die gegebenen Verhältnisse und zielte letztlich wie Platon auf die Koinzidenz des Guten und des Gerechten. Die vorliegende Sammlung skizziert dies, frühere Analysen weiterführend, für 'Fiorenza' und das Romanwerk, rekonstruiert die systematische Substanz der 'Betrachtungen eines Unpolitischen', erörtert die philosophischen Rezeptionen Thomas Manns durch Ernst Cassirer, Siegfried Marck und Hans Blumenberg und zeigt dann insbesondere am Spätwerk, wie konsequent Mann seine künstlerphilosophische Problemfrage auch über den 'Doktor Faustus' und 'Felix Krull' hinaus bedachte. Mann explorierte mit seinem Werk die Bedingungen und Möglichkeiten eines subjektiv glückenden und politisch verantwortlichen Lebens in Deutschland. Was er für die Gegenwart eher skeptisch sah, bejahte er dabei mit 'Joseph und seine Brüder' als Humanitätsvision.

Prof. Dr. Reinhard Mehring, Studium der Philosophie, Germanistik und Politikwissenschaft; Promotion in Politikwissenschaft (Freiburg), Habilitation in der Philosophie (HU Berlin), seit 2007 Professor für Politikwissenschaft an der PH Heidelberg. Zahlreiche Monographien u.a. über Thomas Mann, Carl Schmitt, Martin Heidegger, die Geschichte der philosophischen Pädagogik und die deutsch-jüdische Emigrationsphilosophie. Zuletzt im Verlag Karl Alber erschienen sind: Carl Schmitt: Denker im Widerstreit. Werk - Wirkung - Aktualität (2017), Martin Heidegger und die"konservative Revolution" (2018).
Cover1
Inhalt8
Einleitung12
Teil I: Philosophische Romane20
I. »Sokratischer Dialog unserer Zeit«. Philosophengestalten in Manns Werk22
1. Vom »absoluten Roman« als Erben Platons23
2. Thomas Mann als Erbe des »absoluten Romans«33
3. Inversion der Philosophie im Roman39
4. Von Nietzsche zu Platon: Fiorenza42
5. Castorps Bildung durch Liebe54
II. Apokalypse der deutschen »Seele«? Doktor Faustus als »Zeitroman«59
1. Die Zielvorgabe einer »allgemeinen Beglückung«: Königliche Hoheit59
2. Der »Zeitroman« als Deutungskonzept63
3. Revolution im Roman65
4. Pariser Rechenschaft69
5. Das »Menschheitslied« der Joseph-Tetralogie73
6. Der Erlösungsgedanke des Doktor Faustus77
7. Zum normativ-praktischen Sinn von Manns »apokalyptischem« Roman82
Teil II: Philosophische Deutungen86
III. Polemik mit System. Manns Betrachtungen eines Unpolitischen88
1. Das Genre der Betrachtungen eines Unpolitischen89
2. Aufbauanalyse: der Gedankengang der Schrift92
3. Der staatstheoretische Kern: Unterscheidung von Staat und Verfassung98
4. Staatsphilosophischer Grundgedanke: das Recht auf Selbstbehauptung103
5. Kurzes Fazit105
IV. Romantik-Aktualisierungen bei Thomas Mann und Carl Schmitt108
1. Schmitts Polemik gegen Thomas Mann109
2. Zeitgenössische Romantik: präsentistische Aktualisierungen112
3. Manns »Überwindung« der Romantik115
4. Schmitts Spiegel der Politischen Romantik120
V. Der Zauberberg als Identifikationsmodell127
1. Didaktisierung und Popularisierung127
2. Heidegger als Leser des Zauberberg129
3. Die Davoser Hochschulwochen131
4. Mann in der Zeit der Zauberer133
VI. Einsame Größe und Leid der Mitwelt: Ernst Cassirer über Lotte in Weimar139
1. Cassirer als Repräsentant des liberalen Judentums139
2. Zu Cassirers politischen Schriften142
3. Zur Korrespondenz zwischen Mann und Cassirer143
4. Goethe als Vermittler149
5. Individuum ineffabile150
6. Franz Blei als Quelle?154
7. Tragische Wahlverwandtschaften158
VII. Siegfried Marcks Explikation von Manns »Sendung«163
1. Begriffsgeschichte und Bedeutungswandel der »konservativen Revolution«166
1.1. »Geheimes Deutschland« vs. »Konservative Revolution«166
1.2. Hofmannsthal und Mann über »Konservative Revolution«168
1.3. Apologetische Umdeutung durch Rauschning und Mohler173
2. Siegfried Marck (1889–1957): Basisdaten177
3. Manns Umgang mit Marck178
4. Marcks Explikation: Neuhumanismus als konservativ-revolutionäre Synthese185
VIII. Faustus-Narrativ und Unmöglichkeitsthese: Manns Antwort an Walter von Molo190
1. Öffentliche Klarstellung192
2. Die Unmöglichkeitsthese192
3. Das Faustus-Narrativ als Grund der Unmöglichkeitsthese196
4. Staat und Nation199
Teil III: Werkvollendung und Werkabschluss202
IX. Übermensch Andromache. Zu einer Zarathustra-Adaption im Circus-Kapitel des Felix Krull204
1. Mythos des Spätwerks204
2. Transposition philosophischer Anthropologie208
3. Das Circus-Kapitel des Felix Krull210
4. Zarathustras Vorrede als Quelle des Circus-Kapitels212
X. Ehekomödie als Deutschlandplan? Manns letzte politische Dichtung216
1. Schlusswerk als Deutschland-Roman?216
2. Odysseus als Widerstandsheld217
3. Das Luther-Projekt als politische Dichtung222
4. Thomas Mann als Reformator: Reformation der Reformation230
XI. »Meines Vaters Schwanengesang«. Manns letzte Ganzschrift236
1. Ein letztes »Gnadenjahr«?236
2. Jenseits der »Vollbringer«: Manns Spätwerk238
3. Entstehungsgeschichte der Schiller-Rede242
4. Essayistik als panegyrische »Huldigung«247
5. Kontemplative Panegyrik: Versuch über den Versuch250
6. Distanzbewusstsein: Hans Blumenbergs Mann-Glossen255
XII. »Ein Stück verwirklichter Utopie«: Rekapitulation der Sammlung262
Nachwort269
Nachweise270