Kapitel 3
Akio sprang hinter seinem Felsen hervor und rannte Richtung Dorfeingang. Immer versteckt hinter einzelnen Häusern, Holzfässern oder Pferdewagen. Hatte er recht mit seinem Verdacht? Das ließe sich ja schnell herausfinden. Wenn die Männer nicht nur Essensvorräte, Schmuck oder Gold an sich rissen, dann wusste er, was ihr Ziel war. Sie waren darauf aus, Menschen mit hochwertigem, goldenem Blut zu verschleppen. Und falls es gut ausgebildete Bluträuber waren, dann schnappten sie sich nicht einfach blind die erstbesten Bürger. In diesem Fall hatten sie schon Tage oder Wochen vorher Blutspäher vorausgeschickt. Die nämlich waren in der Lage, Menschen mit besonders goldenem Blut ausfindig zu machen und diese dann mit einem bestimmten Duft zu bestäuben, der für Menschen kaum wahrnehmbar war, für die Hunde der Bluthäscher jedoch umso leichter aufzuspüren. So konnten die Hunde die Räuber gezielt zu den Häusern führen, die von »Goldblütern« bewohnt waren. Goldblüter – so nannten sie Menschen mit gewinnbringend hochwertigem Blut. Sollte das alles genau so zutreffen, dann mussten die Männer wissen, dass es in Eisendorf inzwischen nur noch genau drei Personen gab, deren Blut so golden war, dass man damit das Blut von vier bis fünf anderen Menschen aufwiegen konnte: Akio selbst, seine sechsjährige Schwester Adelia und ein kleiner Junge ein paar Häuser weiter. Alle anderen waren bei früheren Überfällen schon verschleppt worden. Weil die verbliebenen drei wussten, dass sie in ständiger Gefahr gegenüber Bluträubern lebten, hielten sie sich meistens versteckt und trugen obendrein Lederhäute, damit kein Späher ihnen heimlich Blut abnehmen und es auf seinen Goldgehalt untersuchen konnte.
Akio hatte in den letzten Tagen keinen dieser Späher entdeckt. Aber das musste nichts heißen. Diese Kerle waren inzwischen so geschickt und gerissen, dass man manchmal erst merkte, dass man beobachtet wurde, wenn die Bluträuber schon hinter einem standen und einen mitrissen.
Akio näherte sich seinem Haus. Schwarze Hengste standen unruhig auf der Straße und schnaubten. Bluthunde trabten gefährlich bellend zwischen ihnen auf und ab und warteten auf neue Befehle. Wie bei den letzten Malen, als Bluträuber im Dorf waren, um ihn und Adelia mitzunehmen. Bisher war es immer so gelaufen, dass Akio sich mit Adelia im hinteren Bereich der Schmiede in einem extra dafür gebauten Versteck eingesperrt hatte, während der Vater mit Schwert, Axt und roher Gewalt auf die Räuber einschlug. Die Kämpfe dauerten unterschiedlich lang und der Vater trug nach jedem Kampf einige gefährliche Wunden und Hundebisse mehr an seinem Körper. Aber bisher hatten sich die Räuber anschließend immer ohne ihre Beute davongemacht.
Heute schien es anders abgelaufen zu sein. Auf der Straße war kein kämpfender Schmied zu sehen. Die Männer kamen aus verschiedenen Richtungen zusammengelaufen und sprangen auf die Pferde. Erst als sie ihre Reittiere mit festen Tritten zum Aufbruch antrieben, bemerkte Akio auf einem der Pferde ein in Decken gehülltes Bündel Mensch. Ein Schrecken durchfuhr seine Glieder: Das musste Adelia sein. Oder war es der Junge aus der Nachbarschaft? Am liebsten hätte Akio laut aufgeschrien, die Räuberbande wütend von ihren Pferden gezogen, sie verprügelt und seine Schwester zurück ins Haus getragen. Aber das tat er nicht. Er blieb im Schatten eines der Nachbarhäuser stehen und schaute ängstlich auf das, was da vor seiner eigenen Haustüre vor sich ging. Akio trug keine Waffe bei sich. Die Männer auf den Pferden hingegen waren mit Dolchen, Säbeln und Schw